WERNER SUDENDORF: "VERFÜHRER UND REBELL. HORST BUCHHOLZ"

"Hotte" war sein Spitzname und er war ein Ur-Berliner: vor fast 80 Jahren wurde Horst Buchholz hier geboren. Schon früh wurde er ein großer Filmstar, verdarb aber auch durch eigenes Verschulden die mögliche, bereits begonnene Weltkarriere.

Nun liegt die erste umfassende Biographie zu dem Bühnen- und Filmschauspieler vor, der namhaften Kollegen schon früh als Naturtalent galt. "Verführer und Rebell. Horst Buchholz" hat der Filmexperte Werner Sudendorf sie überschrieben und er hatte dafür Zugang zum Buchholz-Nachlass und führte Gespräche mit Familienmitgliedern, Weggefährten und Freunden.

Seine wahrlich "unordentliche" Kindheit mag den jungen Wilden des Kinos der 50er Jahre maßgeblich geprägt haben. Unehelich geboren, wuchs er erst bei Pflegeeltern, dann mit der Mutter und dem namensgebenden Stiefvater auf. Mit zwölf erlebte er die Wahrheit über seine Herkunft als Schock, zumal der leibliche Vater soeben verstorben war. Intelligent aber faul und ungebärdig, wie er als Jugendlicher war, kam er schon als Teenager als Komparse und Synchronsprecher mit Theater und Film in Berührung und hatte seine Bestimmung gefunden.

So sehr, dass er nicht nur ab 15 Schauspielunterricht nahm und diesen mit Geld bezahlte, das er sich am Theater selbst verdiente, er brach auch die Schule ab. Schon 1954 hatte er in "Marianne" eine erste richtige Filmrolle und dann kam das Projekt "Die Halbstarken", das den attraktiven und charmanten Unwiderstehlichen endgültig zum Star machte.

Es waren schwierige Vorarbeiten, bei denen Hottes Freund Wenzel Lüdecke eine gewichtige Rolle spielte. Der deutlich ältere, distingierte Filmproduzent war mehr als das: der erste Liebhaber des bisexuellen Buchholz. Was nicht nur aus strafrechtlichen Gründen absolut geheim bleiben musste, wenngleich Buchholz insgesamt recht offen damit umging.

Seine Rolle in den "Halbstarken" machte ihn ab 1956 zum Idol, zugleich wehrte er sich entschieden dagegen, auf den Typ des "teutonischen James Dean" abgestempelt zu werden. Im Nachhinein gesehen war das auf jeden Fall zutreffend, denn die Rolle, die ihn selbst verkörperte wie wohl keine andere in seiner langen Karriere, folgte ein Jahr später mit dem "Hochstapler Felix Krull" nach Thomas Mann.

Buchholz war dieser charmante und recht skrupellose Narziss, der unbekümmert jede Gelegenheit nutzt und eben nicht nur Frauen bedenkenlos verführt. Was dann auch im realen Leben in seiner Ehe so blieb, nachdem er 1958 seine französische Filmpartnerin Myriam Bru ("Die Auferstehung") heiratete und mit ihr zwei Kinder hatte. Sie bekannte später: "Er ist sehr geheimnisvoll. Niemand kommt in seine Privates hinein."

Der Autor resümiert, dass sich Hottes Leben in seinen Rollen abspielte, und die trugen ihn über den New Yorker Broadway 1960 nach Hollywood. Neben Weltstars wie Yul Brynner und Steve McQueen war er der Chico im Welterfolg "Die glorreichen Sieben" und 1961 glänzte er als Kommunist Piffl neben James Cagner in der grandiosen Komödie "Ein - zwei - drei". Dass dieser in seinem Berlin spielende Billy-Wilder-Film erst viel später Kultstatus erlangte, lag dann allerdings weder an Buchholz noch an der Klasse des Streifens - Wochen vor Abschluss der Dreharbeiten wurde die Mauer gebaut und niemand im Westen war in der Stimmung für eine solche Ost-West-Satire.

Wenn die mögliche Weltkarriere schließlich ausblieb, lag das zum erheblichen Teil an der Sprunghaftigkeit des "einsamen Wolfes", als der er sich selbst einmal im Alter charakterisierte. Da gab es Angebote zu ganz großen Filmen von Regisseuren wie Kazan, Visconti uind Fellini, die er teils aus launenhaften Gründen ausschlug, denen dann unbedeutende Streifen entgegen standen und den Starruhm bröckeln ließen.

Der Biograph, als Leiter der Sammlungen sowie der Marlene Dietrich Collection in der Deutschen Kinemathek, Museum für Film und Fernsehen, Berlin, sehr versiert in dem Metier, schreibt das Alles sehr kenntnisreich, gleichwohl bleibt sein recht journalistischer Stil um einiges hinter den exzellenten und immer wieder tiefschürfenden Arbeiten des verstorbenen Filmexperten Jürgen Trimborn zurück.

So erhält man erst in den Passagen über die späteren Jahre tiefere Einblicke in die Persönlichkeit des Horst Buchholz. Hochst interessant aber ist diese Biographie allemal, zumal sie auch viel über das Filmschaffen gerade in der jungen Bundesrepublik erzählt.

 

# Werner Sudendorf: Verführer und Rebell. Host Buchholz. Die Biographie; 318 Seiten, div. Abb.; Aufbau Verlag, Berlin; € 22,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: Bio 313 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de