TIM BINDING: "SHIP AHOY"

Al Greenwood ist zurück! Der alte unverbesserliche Stenz mit dem Hang zu Frauen, Koi-Karpfen und spontanen Reaktionen, die oft genug in die Hose gehen, scheint jedoch nach den wilden Abenteuern samt Todesfällen und vierjährigem Knastaufenthalt als vermeintlicher Mörder - man erinnere sich an die haarsträubenden Romane "Cliffhanger" und "Fishnapping"! - endlich ein wenig Ruhe und Ordnung in sein Leben bekommen zu haben.

An seiner Seite hat er die deutlich jüngere attrakive Kunstmalerin Emily, die ihn im Knast zum Holzbildhauer formte. Die Beiden geBen Kunstunterricht auf dem Kreuzfahrtschiff "Lady Di" und während der Heimurlaube vergnügen sie sich in Als gutem alten Bungalow mit dem Kunstschaffen und mit sich selbst. Mit solcher Idylle und zugegebenermaßen ungewohnt langsam und zuweilen fast geschwätzig eröffnet Tim Binding den dritten Al-Greenwood-Roman unter dem Titel "Ship ahoy".

Doch ein wenig Geduld und bald ist man mit Al und seinen Lieben wie auch allerlei bunten Kontrahenten in einem erneuten herzerfrischenden Schlamassel. Auslöser ist einmal mehr, wie könnte es anders sein, Ex-Gattin Audrey, die erst Al wegen genau dem Mord in den Knast brachte, wegen dem sie selbst dann zu Recht verdonnert wurde. Als Al nun bei einer seiner brachialen Holzschnitzereien mit der Kettensäge auf der Kreuzfahrt ausgerechnet eine Zeitungsseite zum Abdecken benutzt, die mit dicken Lettern berichtet, Audrey sei ausgebrochen, verdattert ihn das derartig, dass ihm sein gefährliches Handwerksgerät aus den Häünden rutscht.

Mit fatalen Folgen, denn eine besonders garstige Zuschauerin kann sich nur vor den rasenden Sägezähnen retten, indem sie in den Atlantik springt. Und diese Mrs. Durand-Deacon droht nach ihrer Rettung mit einer existenzvernichtenden Klage. Es sei denn, Al, der dieser Ex-Richterin kein Unbekannter ist, leistet spezielle Dienste der Wiedergutmachung. Das wäre dann nicht nur ein besonders stolzes Kunstwerk - seine Spezialität sind Haie aus Bahnschwellen - sondern auch das Beseitigen ihres verhassten aber wohlhabenden Gatten Gerald!

Das ist jedoch erst ein Problem, denn Ex-Gattin Audrey, Al noch immer in inniger Hassliebe verbunden, nistet sich heimlich in seinem Bungalow ein, denn - ausgerechnet er soll ihr zur Flucht in ferne Gestade verhelfen. Natürlich führt das umgehend zu ebenso heftigen wie hochkomplizierten Verwicklungen mit Emily wie auch mit der alten neugierigen Nachbarin Alice und dem trotteligen Adam Rump, Kriminalinspector und wie Al ein großer Koi-Liebhaber. Al läuft in seiner Not mit viel Frechheit, einem Hang zu erotischen Mitnahmeeffekten aber auch spontanem Aufbrausen zwar zur Hochform auf.

Was ihm jedoch erst mal wenig hilft, denn erstens kann er Audrey nicht wie gewünscht aus dem Weg räumen, weil sie ein böses Beweisstück früherer Verfehlungen gegen ihn in der Hand hat. Zweitens aber taucht auch noch der Ehegatte von Mrs Durand-Deacon in seinem Bungalow als Bed-and-Breakfast-Gast auf, samt junger Gespielin im Gefolge. Und bald schon eröffnet der alte Gockel Al eine Forderung, die diesen endgültig in die Enge treibt - Gerald will seinerseits von Mrs Durand-Deacon befreit werden. Letal, versteht sich.

Einmal mehr sucht der getriebene Al so einen Ausweg und gerät von einer Bredouille unweigerlich und zuweilen aus eigener Chuzpe heraus in die nächste. Ob und wie es ein Happyend gibt, sei hier nicht verraten, aber wild bewegt voller aberwitziger Einfälle, zwerchfellerschütternder Situationskomik und mit dem ein oder anderen erotischen Zwischenfall geht es auch diesmal zu. Das ist nichts für Ästheten und Al neigt ja außer zu Sex und Alkohol gern auch zu allerlei Rüpeleien.

Die Charakterzeichnungen sind einmal mehr hinreißend gelungen, die wahrlich komplizierte Handlung ist durchweg virtuos komponiert und es bleiben zum Schluss nur zwei Wünsche: dem nach einer Fortsetzung und dem nach einer Kultstatus garantierenden Verfilmung. Fazit: wer es ein wenig deftig und schwarzhumorig britisch mag, findet hier ein großartiges Lesevergnügen.

# Tim Binding: Ship ahoy (aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann); 347 Seiten; marebuchverlag, Hamburg; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

 

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