OLIVER HARRIS: "LONDON KILLING"

Solch ein Krimi-Debüt hat es lange nicht mehr gegeben, ganz und gar respektlos, rasant mit einer Spur grantigem Humor und einem Helden, der am Anfang völlig am Ende zu sein scheint. Dieser Detective Constable Nick Belsey ist versoffen, pleite und steht unmittelbar vor der Suspendierung.

Verdreckt, verkatert und blutig wacht er in einem Londoner Park auf, neben ihm der zerschundene Streifenwagen, den er am Vorabend geklaut hat - damit beginnt "London Killing", der durchtriebene Erstling von Oliver Harris. So ramponiert schleicht sich der DC der London Metropolitan Police in seine Dienststelle und stößt auf eine frische Meldung, die ihm eine ungeahnte Chance zu eröffnen scheint.

Ein russischer Oligarch wird vermisst und Belsey nistet sich dreist in dessen Villa im vornehmen Hampstead Heath ein mit einem verlockenden Plan: in die Identität dieses Alexej Devereux zu schlüpfen und mit einigen abgezweigten Millionen ins Ausland zu verschwinden. Doch erstens hat offenbar jemand anders eine ähnliche Idee und zweitens fängt die Sache im Sinne des Wortes an zu stinken. So sehr, dass Belsey den Russen findet, in einem verborgenen Schutzraum, offenbar hat er sich von eigener Hand getötet.

Im Nu reißt es ihn in einen endlosen Strudel von Ereignissen, die von ruppig bis lebensgefährlich reichen. Der freche und skrupellose DC hält den Tod des Russen so lange wie möglich geheim, um in dessen Rolle recherchieren und seine Schäfchen ins Trockne bringen zu können. Bald schon wird jedoch die minderjährige Geliebte des Oligarchen erschossen und sie bleibt nicht der einzige Todesfall. Belsey taumelt zwischen allen Fronten, als der Fall ihn nun in die internationale Londoner Finanzwelt reißt.

Da wird mit größten Einsätzen ein großes Rad gedreht und Devereux hatte offenbar etwas Riskantes vor. Zugleich wird Belsey nicht nur von manchen seiner Kollegen aus recht unschönen Gründen gejagt, während ein Profikiller weitere Morde begeht. Zwischendurch verliebt sich Belsey in eine smarte Journalistin, was diese beinahe das Leben kostet. Immer wieder gerät er auf seiner Achterbahnfahrt zwischen knallharter Detektivarbeit und rabiaten Tricks, um untertauchen zu können, an Leute, denen er wenig oder gar nicht trauen kann.

Wenn dieser Krimi voller starker Figuren und Überraschungen schließlich ins Finale rast, dann wird das derartig spektakulär, dass ein James-Bond-Finale dagegen einer gemütlichen Kegelrunde gleicht. Vor allem aber ist alles stimmig und löst sich auf clevere Weise auf. Fazit: wer die etwas härter Gangart zu schätzen weiß, bekommt hier ein virtuoses Lesevergnügen mit viel Londoner Lokalkolorit und absolut filmreif ist das Ganze sowieso. Und eine gute Nachricht obendrein - an einem neuen Fall mit diesem gänzlich unmöglichen Bullen wird bereits geschrieben!

 

# Oliver Harris: London Killing (aus dem Englischen von Wolfgang Müller); 479 Seiten; Karl Blessing Verlag, Müänchen; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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