PETER ACKROYD: "VENEDIG. DIE BIOGRAPHIE"

La Serenissima, das ist die Allerduchlauchtigste Republik Venedig und als solche war sie über einige Jahrhunderte eine außergewöhnliche Mischung aus gigantischem Handelsimperium und wichtiger politischer Macht im Mittelmeerraum. Dieser ebenso einzigartigen wie alterslosen Stadt hat sich nun Peter Ackroyd gewidmet und wie schon bei seiner legendären London-Biographie ist er das Thema mit der gleichen Arbeitsweise angegangen.

"Venedig. Die Biographie" lautet deshalb auch der Titel, denn der italienischen Lagunenstadt hat er sich ebenfalls wieder als einer Persönlichkeit genähert, einem lebendigen Organismus mit ausgeprägtem Charakter, Er beginnt mit den frühestens Bewohnern im 8. Jahrhundert, die damals auf die Inseln flüchteten, die später zur Stadt und zum Zentrum der Republik Venedig wurden. Der Bogen spannt sich dann bis in die Gegenwart als eines der beliebtesten Besuchsziele der Welt.

Breiten Raum nimmt natürlich jene Ära ein, als im 13. Jahrhundert die Republik ihren außergewöhnlichen Aufschwung nahm. Wie das Patriziat mit den herrschenden Dogen die Stadt zu einer Handelsmacht formte, die für geraume Zeit weite Teile des Mittelmeeres beherrschte, Kolonien wie Kreta und Zypern hielt und selbst das mächtige Byzanz in schwere Bedrängnis brachte - all das wird bei Ackroyd zu einem sehr fundierten und zugleich überaus lebendigen Geschichtsunterricht. Mit zahllosen interessanten Fakten und manch überraschenden Informationen liest sich das so spannend, dass man das voluminöse Sachbuch kaum aus der Hand legen mag.

Welche Themenvielfalt von der zeitweise größten Schiffswerft der Welt über den schon früh segensreich aufgebauten bürokratischen Apparat bis hin zur cleveren aber auch skrupellosen Politik der Republik fasziniert das ein ums andere Mal. Dabei wurde in der Epoche der Dogen alles der Unabhängigkeit und dem ökonomischen Erfolg untergeordnet. Selbstverständlich widmet sich der Literaturwissenschaftler auch ausführlich dem geradezu mythischen Karneval, dessen Blüte seit dem Beginn im 11. Jahrhundert mit Unterbrechungen anhält.

Und die schöne, früh vollendete Stadt mit ihren vielen großartigen Bauwerken hat auch eine Fülle von Kunst zu bieten von der Malerei über die Musik bis hin zur Glasbläserkunst. Hier war Galileo ein angesehener und gut bezahlter Wissenschaftler, doch auch sonst wurde der Fortschritt - er musste nur "nützlich" sein - stets gefördert. So wurde Venedig für einige Zeit das größte Druckereizentrum weltweit oder es installierte noch vor London 1732 die erste Straßenbeleuchtung.

Peter Ackroyd glänzt in diesem Konvolut nicht nur stilistisch, er erfasst Venedig als eine Persönlichkeit mit einzigartiger "Lebensgeschichte". So darf man hier mit Fug und Recht von einem Standardwerk sprechen, das begeistert, ein Genuss zum Lesen ist und keine Fragen offen lässt.

# Peter Ackroyd: Venedig. Die Biographie (aus dem Englischen von Michael Müller); 591 Seiten, div. Abb.; Knaus Verlag, München;

€ 39,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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