MATT BEYNON REES: "DER ATTENTÄTER VON BROOKLYN"

In drei hoch gerühmten Romanen ließ der walisische Autor Matt Beynon Rees seinen ungewöhnlichen Ermittler Omar Yussuf in Palästina Kriminalfälle aufdecken. Jetzt hat ihn der versierte Nahost-Kenner erstmals nach New York geschickt, wo der hauptberufliche Lhrer eines Flüchtlingslagers an einer Konferenz der UNO teilnehmen soll. Erfreulich für den höflichen Mittfünziger, denn so kann er auch seinen Sohn Ala besuchen, der hier im Palästinenserviertel "Little Palestine" lebt.

Doch "Der Attentäter von Brooklyn" setzt mit einem Schock für den Gelegenheitsermittler ein, denn als erstes findet er in Alas Wohnung eine Leiche ohne Kopf - etwa sein Sohn?! Nein, der erscheint bald selbst und wird mangels Alibi umgehend von Hamsa von der New Yorker Polizei, einem Ex-Palästinenser, verhaftet. Omar Yussuf ist sich sicher, dass Ala unschuldig ist, doch wer wollte seinen Mitbewohner, einen Freund aus Jugendtagen, ermorden und warum?

Der Geschichtslehrer beginnt zu ermitteln und schwebt umgehend selbst in Lebensgefahr. Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass womöglich ein Attentat auf den Palästinenserpräsidenten geplant ist, der auf der UNO-Konferenz eine Rede halten will. Gibt es einen sogenannten "Schläfer", der schon lange unauffällig hier lebt und nun aktiv wird? Kommen die Hintermänner von der Hamas oder geht es um Korruption?

Drogengewinne und Terrorismus vermengen sich mit den Machenschaften skrupelloser Geheimdienstler, während die hasserfüllten UNO-Delegierten nichts im Sinn haben, als Israel für alles Schlechte in Palästina verantwortlich zu machen. Wie in den vorhergehende Fällen verdeutlicht Autor Rees, in welch erschreckendem Ausmaß die Palästinenser in ihrer eigenen Kultur gefangen sind, in der sie sich ständig als Opfer sehen und doch untereinander die entsetzlichsten Verbrechen antun.

Gekonnt führen die präzisen Charakterisierungen zu erhellenden Innennansichten dieses Denkens und Empfindens samt all ihren Absonderlichkeiten und Absurditäten, wo dann immer wieder mal eine Prise trockenen Humors durchscheint. Das Finale wird ebenso dramatisch wie blutig und glänzt doch durch etwas gänzlich anderes: die Rede, die Omar Yussuf überraschend vor einer UN-Kommission halten darf.

Ohne jede Ideologie oder Judenhass bringt er die wahren Interessen des normalen Palästinensers auf den Punkt - der wolle genau das, was den meisten Bürgern in den arabischen Ländern versagt ist: Freiheit und Wohlstand. Die wüsten Schmähungen der Delegierten beweisen, wie sehr er den Nerv dessen getroffen hat, was die Nomenklatura im Nahen Osten umtreibt. Und zugleich bricht Rees, der selbst seit Jahren in Jerusalem lebt, alte Ansichten und Vorurteile auf und bringt die fatale Melange von Korruption, Gewaltbereitschaft und islamisch-religiösen Fanatismus mit den internationalen Terrornetzwerken zum Vorschein.

Fazit: mindestens so brillant wie die Vorgänger fesselt dieser Roman mit authentischen Figuren und ebensolchen Machenschaften. Das glänzt mit einem sich stetig steigernden Geschehen voller überraschender Wendungen und unterhält zugleich mit großem Realismus.

 

# Matt Beynon Rees: Der Attentäter von Brooklyn (aus dem Englischen von Klaus Modick); 288 Seiten; C. H. Beck Verlag, München; € 18,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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