RICHARD YATES: „ZEITEN DES AUFRUHRS"

Der US-Autor Richard Yates (1926-1992) war trotz hervorragender Werke daheim fast vergessen und bei uns sogar gänzlich unbekannt. Erst vor wenigen Jahren gelang eine Renaissance, die auch hier zu der längst überfälligen Beachtung führte mit Erfolgen wie „Easter Parade", „Verliebte Lügner" und vor allem seinem Meisterwerk „Zeiten des Aufruhrs".

Dieser großartige Roman von 1961, den die Kritiker schon damals feierten, während ihn das amerikanische Publikum als zu entlarvend ablehnte, wurde nun vom renommierten Regisseur Sam Mendes („American Beauty") mit dem „Titanic"-Traumpaar Kate Winslet und Leonardo DiCaprio verfilmt. Zum deutschen Filmstart im Januar liegt jetzt als Sonderausgabe der Roman vor und man darf gespannt sein, ob der Film dessen Klasse erreicht.

Die Geschichte um das junge Paar Frank und April Wheeler spielt 1955 in einer typischen Kleinstadt nahe New York und Yates schildert wortgewaltig und mit unentrinnbarer Logik die Illusionen dieser Idylle des uramerikanischen 'suburbian dreams' samt der durch nichts zu erschütternden Fröhlichkeit in der Siedlung, die einfach ein Muss ist. Die Beiden sind Ende 20 und haben zwei Kinder. Frank ist ein mittelmäßiger Angestellter mit einem mittelprächtigen Job in der City und sticht durch einen soliden Mangel an Eigenschaften hervor. April als hübsche, aufstrebende Theaterschauspielerin ist ihm da allerdings sehr ähnlich.

Aprils Karriere scheitert recht peinlich und sie langweilt sich entsetzlich. Die täglichen Drinks fließen bei Beiden reichlich und die steten Nachbarschaftsgeselligkeiten öden sie furchtbar an. Sie klagen zwar immer öfter über dieses Vorstadtleben, doch als April die romantische Vorstellung entwickelt, mit der ganzen Familie nach Frankreich umzusiedeln, um ganz neue Erfahrungen zu machen, ziert sich Frank. Zum Einen hat er inzwischen eine Affäre mit einer Kollegin, noch mehr aber lähmt ihn der Gedanke an wirkliche Veränderungen.

Ihre Ehe rutscht unaufhaltsam in die Krise und in ihrer Kommunikationsunfähigkeit schlingern sie in ein tragisches Ende. Keiner hatte Vorstellungen von dem, was er wirklich wollte oder wenigstens davon, wer er selbst ist. In ihrer zwanghaften Anpassungssucht folgen sie den vorgegebenen Konventionen und können dem unsichtbar über dem vermeintlichen Vorstadtglück hängenden Himmelsgrau nicht entrinnen. Yates hat ihnen ebenso hellsichtig wie unnachgiebig eine Konstellation aufgebaut, als wäre eine der ach so heiteren Doris-Day-Komödien in die giftige Stimmung von „Wer hat Angst vor Virginia Wolf?" umgeschlagen.

Die Figuren werden mit all ihren Unsäglichkeiten entlarvt und der Roman glänzt mit großartigen Szenen voller satirischer Komik. Da muss man sich nicht wundern, dass eine derartige Infragestellung des American Way of Life als zu dreist abgelehnt wurde. Erst später wurde dieses Werk in den USA zum Klassiker und überzeugt auch 50 Jahre danach vollends. Wenn es dem Film nun gelingt, diese Illusionen und Abgründe des amerikanischen Traumes ähnlich zwingend herüberzubringen, könnte es ein großer werden.

 

# Richard Yates: Zeiten des Aufruhrs (aus dem Amerikanischen von Hans Wolf); 359 Seiten, Klappenbroschur; Deutsche Verlagsanstalt, München;

€ 14,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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