NOAH GORDON: „DER KATALANE"

Nicht das Mittelalter und nicht die Medizin stehen bei Noah Gordons neuem Roman „Der Katalane" im Mittelpunkt des Geschehens sondern der Weinbau in Spanien zur Zeit der Karlistenkriege. Josep Alvarez ist der zweitgeborene Sohn eines ärmlichen Weinbauern und war 1870 unfreiwillig in die Ermordung des Ministerpräsidenten Prim verwickelt. Im französischen Exil lernt er viel von einem Weinbau, der mehr hergibt als Weinessig wie daheim.

Nun schreibt man das Jahr 1874 und Josep kehrt zurück in sein katalonisches Dorf, weil der Vater gestorben ist. Er kauft seinem Bruder das Erbe zu einem kaum erschwinglichen Ratenpreis ab und verbeißt sich quasi Tag und Nacht in die schier unmöglich erscheinende Aufgabe, dem dürren Boden einen trinkbaren Wein abzutrotzen. Er bessert die vergammelten Fässer aus, er gräbt einen unterirdischen Lagerraum und probiert alle erlernten Künste aus.

Seine Nachbarin Maria ist ganz von seinem Schlage und gemeinsam rackern sie für eine bessere Zukunft. Selbst als Josep dann die bösen Geister der Vergangenheit einzuholen scheinen, bleibt das recht unspektakulär und das größte Problem ist das Beseitigen der Leiche des alten Bösewichtes. Trotz der unruhigen Zeiten im Land und seiner eigenen Verwicklung darin widmet sich Josep und damit die gesamte Geschichte in einer seltsamen Weltfremdheit ganz dem Wein und seiner Herstellung.

Wer also einen spannungsgeladenen Roman in der Art des Welterfolges „Der Medicus" erwartet, dürfte enttäuscht sein, denn dieses mit schlichter, klarer Sprache verfasste Werk ist ganz und gar etwas für Weinliebhaber, denn das Winzerhandwerk, katalanische Dorfgebräuche und allerlei Kulinarisches finden viel Raum in einem ruhigen, breiten Erzählfluss. Viel Atmosphäre kennzeichnet diese gemächlichen Lektüre und reichert sie mit dem Aroma eines guten alten Weines an, den es würdig zu genießen gilt. Ganz wie es Autor Gordon mit seinen nun 82 Jahren hingebungsvoll vorgibt.

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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