MIQUEL de PALOL: „IM GARTEN DER SIEBEN DÄMMERUNGEN"

Bereits vor 18 Jahren erschien Miquel de Palols grandioses Epos „Im Garten der sieben Dämmerungen" als eine Art Decamerone des Atomzeitalters und war in seiner katalanischen Heimat ein vielfach preisgekrönter Erfolg. Doch für ein so unvergleichliches Meisterwerk wie dieses ist es nie zu spät, um auch auf Deutsch endlich den verdienten Ruhm zu ernten.

Man schreibt das Jahr 2024 und Westeuropa wird von einem Atomkrieg verwüstet. Einer Gruppe von Leuten der Oberschicht aus Barcelona aber ist die Flucht zu einem uralten Schloss in den Pyrenäen gelungen. Umgeben von einem magischen Garten ist dieses Refugium mit märchenhaftem Luxus, Bibliotheken und erlesenen Kunstschätzen ausgestattet und damit ein idealer Ort, um die Erinnerungen an den Krieg durch das Erzählen von Geschichten zu verdrängen. Ein Wissenschaftler, ein Geheimdienstler, ein Ex-Gangster, ein führender Banker, Diplomaten und drei Frauen sind unter den Flüchtlingen, denen nun sieben Tage und sieben Nächte bevorstehen. Diese gilt es, mit immer neuen Geschichten zu füllen, mal dramatisch, mal erotisch, philosophisch oder auch kriminell bis hin zu Spionageabenteuern.

Zunehmend ruft nicht nur eine Geschichte die nächste hervor, vielmehr führen die kunstvoll ineinander verwobenen Erzählungen in eine einzige große: die eines mächtigen Wirtschafts- und Familienclans. Dessen Vergangenheit ist mit der Bank Mir verbunden, sein Schicksal aber mit der Suche nach einem mysteriösen Juwel, das angeblich große Macht verleiht. Je mehr Zusammenhänge durchscheinen, desto mehr nehmen Spannung aber auch Verwirrung zu, denn mit fortschreitender Zeit werden die Ausführungen ständig rätselhafter und beunruhigender. Manche dieser Geschichten in der Geschichte hätten schon für sich allein das Potential eines großen Romans, hier aber führt der Autor mit diabolischer Fantasie auf immer neue Irrwege der Logik.

Die durch und durch magische Melange voller Geist, Dramatik, Witz und großen Gefühlen bannt den Leser mit Detailreichtum und leidenschaftlicher Fabulierkunst in opulenter Fülle, dennoch wirkt kein Wort zu viel. Dieses zeitlose literarische Ereignis ist eine Herausforderung für den Leser, die ihn ungemein bereichert und zugleich atemlos zurücklässt, denn bei allem Umfang ist dies ein ebenso sprachgewaltiges wie schnelles Buch. Zu dessen Genuss im Übrigen die exzellente Übersetzung durch Theres Moser viel beiträgt.

 

# Miquel de Palol: Im Garten der sieben Dämmerungen (aus dem Katalanischen von Theres Moser); 1133 Seiten; Aufbau-Verlag, Berlin; € 24,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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