COLSON WHITEHEAD: „APEX"

Raffiniert und boshaft ist Colson Whiteheads neuer Roman „Apex", der von einem Experten für Namensgebung handelt, der aber selbst keinen Namen hat, schwarz ist wie der Autor und wegen eines übel verletzten Zehs geradezu beelzebübisch hinkt.

Dieser Herr X wurde endgültig zum Star der Produktbenennungen, als er den Begriff für Apex kreierte, das multikulturelle Pflaster, das es in allen Hautschattierungen gibt, so dass niemand ethnisch zu kurz kommt. Dieser Spezialist wird nun in ein Industriestädtchen in Oklahoma gerufen, um dem Kaff einen Namen für eine erfolgreiche Zukunft zu verpassen.

Derzeit heißt der Ort Winthrop nach dem Maschendrahthersteller, der hier einst für Wohlstand und den Zuzug weißer Arbeiter sorgte. Der unfähige Nachfahre Abbie will den Namen beibehalten, obwohl er altbacken klingt und das Unternehmen längst abgetakelt ist. Die farbige Bürgermeisterin Regina Goode tritt dagegen vehement für den ursprünglichen Namen ein, den die farbigen Stadtgründer nach der Freilassung aus der Sklaverei ihrer Stadt gaben: Freedom. Anreger für eine neue Namensgebung aber ist Lucky Aberdeen, ein prosperierender Softwarehersteller, der sich „New Prospera" als besonders zulunftsorientiert vorstellt.

Der Namenlose, dem der Vertrag die Entscheidung für den neuen Namen zubilligt, wird zum Advocatus diaboli in dem Ränkespiel um Macht und Moral, um Rassismus, Kapitalismus und Konsum. Namen sind Schall und Rauch, Namen geben Identität, Namen sind – und wenn ein Namenloser darüber entscheidet, wird das ganz schön moralisch und gesellschaftskritisch. Wenn dieser kleine Roman dennoch ein ebenso subversives wie kurzweilige Vergnügen für anspruchsvolle Leser geworden ist, dann liegt das an diesem leichten, eleganten Stil, mit der der Autor diese hochaktuelle Satire ganz ohne erhobenen Zeigefinger verfasst hat.

 

# Colson Whitehead: Apex (aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl); 191 Seiten; Carl Hanser Verlag, München; € 17,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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