NATHANIEL PHILBRICK: „MAYFLOWER"

Um die Pilgerväter aus England, die 1620 mit ihrem Schiff, der „Mayflower", in der Massachusetts-Bay landeten, ranken sich viele Legenden und die Anfänge der Kolonie sind eher romantisch verbrämt als historisch konkret bekannt. Dem hat mit Nathaniel Philbrick einer der renommiertesten Historiker Amerikas abgeholfen.

In seinem ebenso detailreichen wie spannend geschriebenen Sachbuch „Mayflower. Aufbruch in die Neue Welt" schildert er auf der Grundlage exzellenter Recherchen die Epoche von der Landung der 102 christlichen Separatisten bis zur Unterwerfung und Vertreibung der Indianer kaum 70 Jahre später. Gekommen waren die selbsternannten Pilgerväter, um in der neuen Welt eine religiös ausgerichtete Niederlassung nach ihren exklusiven christlichen Vorstellungen zu gründen.

In ihrer Hybris hätten die amateurhaft vorgehenden Neusiedler nicht einmal den ersten Winter überlebt ohne die Hilfe der örtlichen Indianerstämme. Immerhin entwickelte sich das Verhältnis zwischen den Ureinwohnern und den Europäern dann zunächst so gut, dass viele Indianer sogar englische Namen annahmen. Der Frieden hielt geraume Zeit, obwohl die hehren Grundsätze der Pilgerväter, zu denen sie sich noch vor der Landung am 21. Novembver 1620 zur Errichtung eines puritanischen Gemeinwesens verpflichtet hatten, durch Unvermögen und wachsende Habsucht schon bald unterminiert wurden.

Sie waren als Männer Gottes gekommen, doch sie scheuten vor Gewalt und Unmenschlichkeit nicht zurück. Das nachbarschaftliche und weitgehend gleichberechtigte Verhältnis wurde in den folgenden Jahrzehnten durch das Hereinströmen tausender weiterer Einwanderer völlig zerstört, zumal diese die hohen moralischen Grundsätze der Erstankömmlinge ohnehin nicht achteten. Misstrauen und Gewalt nahmen derartig zu, dass es 1675 gar zum so genannten King Philip's War kam mit den Indianern kam, der das Miteinander endgültig zunichte machte. Als absoluter Tiefpunkt dieser Entwicklung muss jener unfassbare Akt gelten, als 1676 mit einem Schiff der Pilgerväter sogar 180 Indianer als Sklaven in die Karibik verschifft wurden.

Wie die Pilgrim Fathers so just jene Intoleranz zutage legten, wegen der sie einst aus England geflüchtet waren, und wie mit diesen Ereignissen die weitere Vertreibung und Dezimierung der amerikanischen Ureinwohner ihren traurigen Siegeszug aufnahm, das schildert Philbrick in seinem Buch, das wie ein Abenteuerroman fesselt und doch nichts als Tatsachen präsentiert.

 

# Nathaniel Philbrick: Mayflower. Aufbruch in die Neue Welt (aus dem Amerikanischen von Norbert Juraschitz); 416 Seiten, div. Abb.; Karl Blessing Verlag, München;

19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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