FRIEDRICH ANI: „IDYLLE DER HYÄNEN"

Kriminalromane handeln von Menschen in Not, davon ist der derzeit wohl beste deutschsprachige Krimiautor Friedrich Ani überzeugt. Von menschlichen Abgründen, von Rachsucht, von quälenden wie von fehlenden Gefühlen handelt sein neuester Roman „Idylle der Hyänen" und der preisgekrönte Meister der ebenso sprachgewaltigen wie subtil fesselnden Geschichten stellt einen neuen, in seinen Eigenarten bald faszinierenden Ermittler vor.

Dieser baumlange Münchner Kriminalhauptkommissar namens Nikolai Maria Polonius Fischer – kurz P-F genannt, ist ungewöhnlich aber auch ungewöhnlich gelungen. Als junger Mann wurde er erst Polizist und ging dann als Mönch ins Kloster. Die Gottessuche klappte nicht so recht und er schied wieder aus, blieb allerdings überzeugter Christ. Und wurde Beamter in der Mordkommission 111, wo er und seine elf Mitstreiter sich den Spitznamen 'die 12 Apostel' erwarben. Interessante Charaktere sind das, P-F jedoch überragt sie alle mit seinen trotzdem glaubhaften Eigenheiten.

Als er und seine Apostel zur Leiche einer Frau gerufen werden, die Kinder stranguliert in einem Schrank in einer Tiefgarage entdeckt haben, beginnen Ermittlungen, die ohne viel Action auskommen und dennoch bis zum letzten Moment packend sind mit ihren zutiefst menschlichen Typen und deren Verstrickungen in Schuld und Sühne. In exzellenter Dramaturgie eröffnet sich auch ein beklemmender Blick in die Beweggründe des Täters, den man kaum einen feigen Mörder nennen mag, obgleich seine Beweggründe bei aller kruden Logik erschreckend abnorm sind.

Doch auch um die siebenjährige Tochter der Toten sorgt sich P-F, denn sie wurde offenbar entführt. Als er sie schließlich auffindet, tut er sich denkbar schwer mit ihrem Verhör und zugleich gehören diese Zwiegespräche zu den grandiosesten in der Fülle großartiger Dialoge. Und die Dimensionen erweitern sich durch die Tötung einer Nonne, zumal P-F sich außerstande sieht, hinter Klostermauern zu ermitteln, während er andererseits den Ruf hat, besonders vorurteilsfrei zu sein.

Das Alles wird beherrscht von authentischen Menschen mit ihren kleinen und großen Tragödien und geht um so mehr unter die Haut, als Ani es versteht, hochpsychologisch und ungeheuer bildhaft einen ganzen Kosmos aufzubauen. Starke Szenen, spürbare Gesellschaftskritik und eine dichte Athmosphäre sorgen zusätzlich dafür, dass dies ein anspruchsvoller Krimi wie auch ein Stück Literatur mit nachhaltiger Wirkung ist. Und wer diese besonderen Qualitäten zu schätzen weiß, darf sich schon jetzt auf weitere Fälle mit Polonius Fischer freuen.

 

# Friedrich Ani: Idylle der Hyänen; 350 Seiten; Paul Zsolnay Verlag, Wien; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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