PETER NIKLAS WILSON (Hrsg.): "JAZZ-KLASSIKER"

Nach den hochklassigen Kompendien 'Film-Klassiker' und 'Rock-Klassiker' hat Reclam nun die zweibändige Box zu fast 100 der wichtigsten Größen des Jazz vorgelegt. Für "Jazz-Klassiker" hat Peter Niklas Wilson, der 2003 jung verstorbene Musikwissenschaftler, als Herausgeber Autoren beigezogen, die als Experten und Fans die Bedeutung der einflussreichsten Jazzmusiker von Cannonball Adderley bis Joe Zawinul eingehend darstellen und werten.

Allerdings ist der Doppelband kein Lexikon mit Anspruch auf Vollständigkeit. Relevanz und Orientierungshilfe samt Hörempfehlungen und Literaturhinweisen bietet "Jazz-Klassiker" jedoch in hervorragender Weise. Ein Klassiker ist bekanntlich etwas, das normativ, stilbildend und von bleibender Bedeutung ist, und eine solche Charakterisierung trifft zum Beispiel gewiss auf Jelly Roll Morton als selbst ernanntem Erfinder des Jazz zu, der bei aller Eitelkeit gleichwohl wirklich zu den frühen Großen des Genres zählt.

Stilprägende Meister wie Duke Ellington und Miles Davis werden ebenso vorgestellt wie die wenigen weiblichen Stars oder Louis Armstrong als einer der kommerziell erfolgreichsten. Doch auch europäische Namen fehlen nicht wie Django Reinhardt, der die Gitarre als Solo-Instrument etablierte, oder aus deutschen Landen Albert Mangelsdorff, der in den 60er Jahren zur Alternative gegenüber den US-Ensembles wurde. Weiße Legenden sind selten, Dave Brubeck aber gehört dazu, während sein Piano-Kollege Keith Jarrett als Exzentriker mit den unvergleichlichen Improvisationen einer der wenigen Solo-Stars des Genres ist.