ROBERT HUGHES: "GOYA"

Goya war zweifellos eines der größten Genies der Malerei, doch etliches im Leben des Francisco Goya y Lucientes (1746-1828) gibt Rätsel auf, die in vielen Schriften für abenteuerliche, teils abwegige romantisierende Interpretationen sorgten. Nun legt der renommierte australische Kunstkritiker Robert Hughes als kritischer Verehrer eine Biographie vor, die manche Mythen mit nüchterner Analyse entzaubert und dennoch dank seines persönlichen, farbigen Schreibstils begeistert.

"Goya. Der Künstler und seine Zeit" heißt der Titel und er weist auf einen wesentlichen Aspekt hin: Goya war ein Genie in bewegten politischen Zeiten. Außerhalb Spaniens quasi ein Niemand und auch als Maler des Königs nur wenig bekannt, war er der letzte alte Meister und zugleich der erste moderne Künstler. Hughes widerlegt Goyas angebliche Abneigung gegen das Höfische oder sonstiges Rebellentum in dieser Epoche zwischen Aufklärung und Restauration. Nicht politische Auflehnung wurde ihm gefährlich sondern seine immer wieder provokante Kunst in einem Spanien, in dem die Inquisition Hand in Hand mit dem reaktionären Tyrannen Ferdinand VII. herrschte.

Isoliert von den prägenden Malrichtungen Europas entwickelt Goya grandiose Porträts selbst von Verbrechern, Irren und Bettlern und beweist eine einzigartige Souveränität. Der leidenschaftliche Meister von Lebensfreude und Schmerz schuf in seinem für damalige Verhältnisse sehr langen Leben ein gewaltiges Werk mit 700 Gemälden, 900 Zeichnungen und 300 Drucken. Dabei ging das Schicksal vielfach ungnädig mit ihm um: nur eines seiner vielen Kinder überlebt, durch Krankheit wird er mit 36 Jahren taub, seine große Liebe zur schönen Herzogin von Alba bleibt – den intensiven Recherchen des Autors zu folgen – unerfüllt und schließlich muss er als Anhänger der Aufklärung im Alter sogar noch ins Exil gehen.

Zu seinen genialsten Begabungen zählten die einzigartigen Charakterstudien und er erfand bei den Bildern aus den kriegerischen Zeiten eine Art Schnappschuss von verblüffendem Realismus, lange bevor es die Fotografie gab. Hughes wird dem grandiosen Erfindungsreichtum des Malers mit seinen exzellenten Bildbeschreibungen der zahlreich aufgeführten Bilder absolut gerecht. Zugleich verbindet er die spannenden Ausführungen über das Leben Goyas mit einem Geschichtsunterricht samt erhellender politischer Konstellationen.

Der Autor hat diese Biographie wie einen großartig erfundenen Roman geschrieben, der auch wegen seiner präzise recherchierten Authentizität ein Meisterwerk geworden ist, das durch die faszinierende Fülle der Abbildungen noch gekrönt wird. Es mag bereits etliche Biographien über Goya geben, diese jedoch wird kaum zu überbieten sein.

 

# Robert Hughes: Goya. Der Künstler und seine Zeit (aus dem Englischen von Werner Roller); 448 Seiten, 110 SW- und 120 Farbabb.; Karl Blessing, München;

€ 49,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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