DANIEL FURRER: "WASSERTHRON UND DONNERBALKEN"

Dem Schweizer Historiker Danile Furrer kommt ein großes Verdienst zu, denn mit seinem Buch "Wasserthron und Donnerbalken" legt er die erste Kulturgeschichte des so genannten stillen Örtchens vor. Ein zutiefst menschliches Bedürfnis von der Antike bis zur Gegenwart, doch seine Verrichtung und die Einrichtungen dazu wurden stets gern übergangen bei diesem wahrhaft "anrüchigen" Thema.

Dabei konnte Furrer durchaus auf umfangreiche Quellen von Archäologen und vielfältige Schriften zurückgreifen und hat dies in exzellenter Feinarbeit und Auswertung getan. Immerhin sind erste Sitztoiletten bereits aus der Mitte des dritten vorchristlichen Jahrtausends aus der Induskultur bekannt. Wenn man dann an jene ekelerregenden Beschreibungen aus dem in hygienischer Hinsicht wenig glanzvollen Mittelalter bis nach der Luther-Zeit denkt – die im Übrigen einen fäkaliengesättigten Sprachgebrauch mit sich brachten! – und meint, erst in der Neuzeit seien die Gebräuche und Einrichtungen 'zumutbar' geworden, irrt man sich gründlich.

Die alten Römer hatten schon fließend Wasser in ihren teils edel eingerichteten öffentlichen Bedürfnisanstalten mit Sitzlöchern in Reihenanordnung. Von Kaiser Vespansian soll der Spruch "Pecunia non olet" stammen, nach dem Gebühren für die Benutzung nicht 'riechen' und immerhin gab es über 144 solcher Anlagen allein in Rom. Wogegen die Neuzeit arg hinterher hinkte, denn im Schloss Versailles von Sonnenkönig Ludwig XIV gab es keine einzige Wasserspülung und selbst im modernen Paris von 1820 fanden sich ganze acht Bedürfnisanstalten. Dabei hatte Sir John Harrington bereits um 1600 das erste 'Water Closet' (= WC!) erfunden.

Furrer fördert Erstaunliches und manche Kuriosa zutage über die nicht erst aus heutiger Sicht großenteils unappetitlichen Gebräuche, wenn zum Beispiel die "Prunzkacheln" morgens einfach aus dem Fenster auf die Straße gekippt wurden. Und es erstaunt wenig, von den Gefahren und Folgen solcher 'Zustände' zu lesen bis hin zu Ruhr, Typhus und Cholera nicht nur in Kriegszeiten. Interessant sind aber auch die sozialen Unterschiede oder solche vermeintlichen wie beim Material für den "Arschwüsch" – schon die Araber kannten im 9. Jahrhundert die Reinigung mit Papier, während es das uns bekannte "Papier für hinterhältige Zwecke" in Deutschland erst seit 1880 gibt.

Das Buch ist eine Fundgrube nicht nur für historisch interessierte Menschen, denn dieses Thema betrifft ausnahmslos jeden. Immerhin verbringt der 'homo locus' rein statistisch etwa ein Jahr seines Lebens auf der Toilette. Und was den Fortschritt unserer Zeiten angeht: noch heute haben 40 Prozent der Weltbevölkerung keinen Zugang zu einer Toilette mit Wasserspülung....

 

# Daniel Furrer: Wasserthron und Donnerbalken. Eine kleine Kulturgeschichte des stillen Örtchens; 192 Seiten, div. Abb.; Primus Verlag, Darmstadt; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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