S. DALI: "DAS GEHEIME LEBEN DES SALVADOR DALI"

Salvador Dali war ein Jahrhundert-Genie und zu seinem 100. Geburtstag am 11. Mai 2004 erscheint die Wiederauflage seiner einzigartigen Autobiographie "Das geheime Leben des Salvador Dali" mit einem Nachwort von Ralf Schiebler, der das Werk 1984 erstmals übersetzte. Geschrieben hat es der Übervater der surrealistischen Malerei bereits 1941 auf Frazösisch und 1942 wurde es ins Englische übertragen in New York veröffentlicht.

Doch warum schreibt jemand mit 37 Jahren seine Memoiren? Weil Dali bereits früh ein sehr klares Bewusstsein seines Genies hatte und beharrlich alles anders machte als andere. Deshalb hielt er es für "intelligenter, meine Memoiren zuerst zu schreiben und sie danach zu leben." Immerhin konnte er dabei schon auf ein großes, längst zu Weltruhm gelangtes Schaffen zurückblicken.

Mit 21 hatte er die erste Ausstellung, mit 22 provozierte er den Verweis von der Kunstakademie, Miro sagte ihm eine glänzende Zukunft voraus, er schrieb das Drehbuch zu Bunuels Avantgarde-Film "Der andalusische Hund" und kein Geringerer als Picasso würdigte – wenn auch stillschweigend – Werke des jungen Kollegen. Hier nun schreibt Dali vom Entstehen seiner Bilder, der Ideen, der Paranoia im Denken und Fühlen und er entfaltet im Schreiben die gleiche unermüdliche exzentrische Extravaganz, die auch das Markenzeichen seines übrigen Schaffens ist.

Es sind faszinierende Darlegungen, mit denen er immer wieder den tieferen Sinn und die teils philosophisch geprägten Anregung für seine berühmtesten Werke enthüllt. Der Meister der lebenslangen Selbstinszenierung, der das ästhetische Prinzip des Mehrfachbildes wie kein Anderer beherrschte, erweist sich jedoch mit Worten ähnlich virtuos und so ist diese frühe Autobiographie von einem solch hohen literarischen Niveau, wie es für einen bildenden Künstler sehr außergewöhnlich ist.

Mit grandioser Sprachgewalt widmet er sich "Intrauterinen Erinnerungen", führt den Beweis für die Vernünftigkeit des Irrsinns als Grundlage des Surrealismus und fesselt dann wieder mit der romanhaften Geschichte seiner Liebe zu Gala, der Muse seines Lebens. Mit seltener Offenheit kann man hier den Werdegang eines Genies mit allen auch ganz menschlichen Facetten verfolgen, natürlich absolut subjektiv und doch auf diese Weise mit dem bestmöglichen Schlüssel zu seinem Fühlen und Denken.

Die kongeniale Übersetzung durch Ralf Schiebler, der auch ein aufschlussreiches Nachwort beifügt, erhöht noch den Lesegenuss. Zudem enthält diese Autobiographie all jene 130 Zeichnungen, die der Künstler selbst ausgesucht oder gar eigens dafür gefertigt hatte. Zur Krönung und zum besseren Verständnis sei zusätzlich Schieblers kleiner aber feiner Band "Salvador Dali – Meisterwerke der dreißiger Jahre" empfohlen, der 39 meist farbige Abbildungen samt deren Beschreibung enthält. Spätestens nach dessen Lektüre wird man Dalis Postulat endgültig glauben: "Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist der, dass ich nicht verrückt bin!"

 

# Salvador Dali: Das geheime Leben des Salvador Dali (aus dem Amerikanischen von Ralf Schiebler); 704 Seiten, 130 Zeichnungen; Schirmer/Mosel, München; € 39,80

# Ralf Schiebler: Salvador Dali – Meisterwerke der dreißiger Jahre; 120 Seiten, 39 Abb.; Schirmer/Mosel, München; € 4,95 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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