BÖTTGER/CARDORF: "MEIN LETZTES WORT"

Friedhofsbesuche können unterhaltsam sein, denn durchaus nicht alles dort ist ernst und traurig. Ja, manch einer nutzt hier gar per Grabstein die Gelegenheit, endlich einmal das letzte Wort zu haben oder zum Beispiel schlichtweg seinen selbsterwählten Status als "Genius" zu verkünden. Mit über 670 Fotos demonstrieren die Fotografin Conny Böttger und der Wissenschaftsautor Peter Cardorff mit dem Textbildband "Mein letztes Wort. Der Grabstein als Visitenkarte" teils beeindruckende, teils einfach skurrile Beispiele für den Ideenreichtum der Verstorbenen oder ihrer Hinterbliebenen.

Da wird die Nachwelt beschimpft, der Tod verhöhnt oder es wird sentimental bis herzig, wenn jemand seine "Mausi" grüßt. Von grimmigem Humor kündet der Spruch: "Hier liegen meine Gebeine – ich wollt‘, es wären deine." Oder ein Gescheiterter bilanziert lapidar: "Paul Denzler – Der Verlierer – Der Kampf ist aus." Sich mit etwas abfinden fällt nicht allen so leicht wie diesem Herrn: "Hier wohnt E. Schulz". Und der Verblichene, der ein knappes "Tschüß" auf den Stein meißeln ließ – ob er einfach froh war, nun seine Ruhe zu haben?!

Zwar überrascht die Häufigkeit, mit der Grabsteine ein verständnislos klagendes "Warum?" tragen, insgesamt aber herrscht eine Vielfalt an Individualität vor, sei es mit all den Viechereien bis hin zum röhrenden Hirschen oder den Eheleuten Fuchs mit dem steinernen Namenstier auf dem Grab, sei es mit allerlei Porträts oder den geliebten Hobbygerätschaften bis hin zur veritablen Segelyacht. Erstaunliche Titel und Berufsbezeichnungen führen manche Steine, während andere ihren Schönheitssinn sogar mit nackten Damen in Stein zeigen. Oder es wird drastisch-plastisch wie bei "Zorro", der unzweifelhaft mit dem geliebten Motorrad ins Jenseits preschte, ganz wie es die entsprechende Plastik am Stein demonstriert.

Das Buch ist eine nur bedingt morbide Fundgrube für jeden Sterblichen und selbst Exzentriker finden die ein oder andere Anregung. Hinzu kommt eine interessante Sachkunde im Anhang mit elf Gründen, sein Grabmal selbst zu entwerfen.

 

# Conny Böttger/Peter Cardorff: Mein letztes Wort. Der Grabstein als Visitenkarte; 249 Seiten, 677 Abb., Großformat; Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin; € 28

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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