HEINER GEIßLER: "WAS WÜRDE JESUS HEUTE SAGEN?"

Ein recht ungewöhnliches Sachbuch legt Heiner Geißler mit dem provikativen Titel "Was würde Jesus heute sagen? Die politische Botschaft des Evangeliums" vor. Erstaunliche Erkenntnisse und Forderungen sind da zu lesen und zumindest der katholischen Kirche dürften die meisten Aussagen nicht schmecken. Vor allem seine Schlussfolgerungen über die Gleichberechtigung der Frauen sowie deren Nichtzulassung zum Priestertum dürften dem Vatikan ebenso sauer aufstoßen wie die zum Zölibat, das als nachgerade widernatürlich gegeißelt wird. Linkskatholisch gibt sich der scharfzüngige aber auch pragmatische Jesuitenschüler Geißler und stellt die Bergpredigt als das Maß aller Dinge ins Zentrum seines Weltbildes. Als Jesus sie verkündete, habe das als Revolution des bis dahin geltenden Weltbildes gewirkt und sie habe ihre Gültigkeit bis heute behalten.

Neben vielen aus der Bibel abgeleiteten und in exakter Übersetzung intellektuell zwingenden Schlussfolgerungen fordert der wortgewaltige CDU-Politiker selbst so Ungewöhnliches wie die Entkriminalisierung des Hasch-Konsums und gibt sich zugleich als ein ähnlich vehementer Anwalt der Frauen wie seinerzeit Jesus. Wenn dieses erhellende Buch dennoch nicht nur Zustimmung hervorzurufen versteht, liegt das auch an Geißlers Klage über die Verrohung der Sprache in der deutschen Politik.