DIRK SCHINDELBECK: "MARKEN, MODEN UND KAMPAGNEN"

"Wer wird denn gleich in die Luft gehen!", "Der Duft der großen weiten Welt" – da klickt es gleich und ebenso bei lila Kühen, denn hier haben sich Werbesprüche, Markensymbole oder sonstige Synonyme auf Dauer im Gedächtnis des Konsumenten eingenistet. Doch wie es dazu kommt, das bedarf einer cleveren Strategie. Oder Markentechnik, wie es der Massenpsychologe Hans Domizlaff schon in den 30er Jahren formulierte: "Eine Marke hat ein Gesicht wie ein Mensch."

Mit welchen Tricks also muss man den Verbraucher manipulieren, wie schafft man ein bleibendes Produktimage mit hohem Wiedererkennungswert? Das untersucht der Kulturwissenschaftler Dirk Schindelbeck in dem aufschlussreichen und unterhaltsamen Textbildband "Marken, Moden und Kampagnen". Den großen Aufschwung der modernen Werbung setzte die Nachkriegszeit, in der die USA Westdeutschland bewusst zur Konsumdemokratie werden ließen. Nicht umsonst gehörte der Coca Cola-Slogan "Mach mal Pause" zu den populärsten in Wirtschaftswunderzeiten.

Wurden damals noch Nachholkonsum und Anschaffungskultur beschworen, steigerte sich die Werbung in den 60ern zur Lokomotive des 'Konsumterrors'. Zugleich zogen auch hier die modernen, jugendorientierten Zeiten ein, die nicht nur bunt und frech sondern auch provozierend waren wie 1968 die Werbung mit den drei hübschen Nonnen im Afri Cola-Rausch. Und es setzte die Intensivierung des Markenbewusstseins ein, wo man z.B. nicht irgendeine Banane sondern eine "Chiquita" kaufen sollte.

Manche Slogans aber überleben auch ohne Erinnerung an eine Marke wie die Aufforderung zur Wegwerfgesellschaft "Ex & hopp", die ein Bier in Einwegflaschen bewarb. Die 70er Jahre wurden dann einerseits immer freizügiger mit sexbetonter Werbung, andererseits kamen Bewusstseinskampagnen auf. Es entwickelte sich eine Art Gesinnungskonsum und immer wieder wurde die stets anpassungsfähige Werbebranche auch zum Trendsetter.

Das Kompendium ist hervorragend komponiert und wartet neben teils fast vergessenen Erfolgskampagnen aus alten Zeiten auch mit allerlei Skurrilem auf wie jener angeblich jugendgefährdenden Strumpfwerbung, bei der ein Blick unter den Rock einer stilisiert gezeichneten Dame möglich schien. Der abstruseste Witz ist jedoch jene Starfighter-Werbung im SPIEGEL vonm November 1957. Dagegen reizt das lobenswerte Extrakapitel über 40 Jahre DDR-Werbung des öfteren zum Schmunzeln und wird mit der Werbung für die erfolgreichste Zigarillo-Marke gekrönt, die schlicht "Sprachlos" heißt.

   

 

# Dirk Schindelbeck: Marken, Moden und Kampagnen. Illustrierte deutsche Konsumgeschichte; 144 Seiten, div. Abb., Großformat; Primus-Verlag, Darmstadt; € 34,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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