VICTOR MARTINEZ: "DER PAPAGEI IM OFEN"

"Manchmal nannte mich Dad Papagei. Nach einer mexikanischen Regensart über einen Papagei, der sich darüber beklagt, dass es im Schatten so heiß sei, dabei sitzt er die ganze Zeit im Backofen." Es ist der Ich-Erzähler Manuel, der das sagt, und dieser Roman von Victor Martinez heißt denn auch "Der Papagei im Backofen".

Der 14-jährige Manuel erlebt einen dieser glühenden Sommer in Kalifornien und für arme mexikanische Einwandererfamilien wie seine sind solche Zeiten besonders erdrückend. Zumal Manuels Vater ein jähzorniger Saufkopf ist, der Arbeit immer nur sucht aber nie findet. Sein großer Bruder Nardo fängt vieles an und hält nichts durch, während die große Schwester Magda in einer Heißmangel schuftet und nur eines will: schnellstens weg von zu Hause. Vieles hängt da an der unermüdlich arbeitenden Mutter, die außerdem noch Last mit der kleinen quengeligen Pedi hat.

Manuel leidet darunter, dass er bei allem irgendwie mitten dazwischen ist und immer wieder von allen drangsaliert wird, einschließlich der Hernandez-Brüder, die aus noch niedrigeren Verhältnissen kommen. Seine Mutter müht sich, Manuel auf eine bessere Schule zu bringen, wogegen der Vater räsoniert, man müsse sich von ganz unten hocharbeiten. Wofür er selbst jedoch das schlechteste Beispiel gibt.

Mit intensiver bildhafter Sprache schildert der Ich-Erzähler seine harte Jugend und man leidet mit, wenn er in der Gluthitze über Chili-Felder kriecht, um für wenige Dollar Schoten zu pflücken. Oder wenn der Vater so ausrastet, dass er sogar verhaftet wird. Und dann erschießt Manuel fast die kleine Pedi und die frühreife Magda stirbt beinahe an einer Fehlgeburt. Nach dem Backofensommer gibt es dennoch tatsächlich eine gewisse Linderung für die Familie.

Manuel allerdings erleidet den ersten Liebeskummer. Ausgerechnet durch die verwöhnte Dorothy, Tochter des 'weißen' Chefs, für den er jobbt, wo sich die 'Hispanics' doch ohnehin den 'Weißen' gegenüber auf hilflose Weise unterlegen sehen. Sehr genau beobachtet der Autor in diesem in den USA preisgekrönten Roman die harten Zeiten dieser Pubertät in einfachsten Verhältnissen und er tut dies so einfühlsam, dass man Manuels Gedanken, Ängste und Sehnsüchte sehr deutlich nachempfinden kann.

 

 

 

# Victor Martinez: Der Papagei im Ofen (aus dem Amerikanischen von Adelheid Zöfel); 221 Seiten; Nagel & Kimche, Zürich; € 12,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

 

 

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