CORNELIA RIMPAU: DER AMERIKANISCHE
OFFIZIER Der amerikanische Offizier von Cornelia
Rimpau ist als Familienroman angekündigt, doch was dem Leser widerfährt, ist etwas ganz
Anderes: er besteigt einen scheinbar gemütlichen Zug, von dem es alsbald aber kein
Aussteigen mehr gibt, bis auch die letzte Zeile des Buches verschlungen ist. Es beginnt in der Ruine von Schloss Ewaldsleben bei
Halberstadt kurz nach der Wende. Die junge Journalistin Marie Zacharias stöbert nach
Hinterlassenschaften ihrer Großeltern. Zugleich reflektiert die Ich-Erzählerin über das
traumatische Erlebnis aus Kindertagen, über dem noch heute der Schleier einer Amnesie
liegt. Damals, 1977, kamen ihre Eltern bei einem Autounfall in Südfrankreich ums Leben.
Sie selbst überlebte leicht verletzt und weiß schemenhaft, dass es einen Koffer mit
einem wertvollen Gemälde von Camille Corot gab, das jemand aus dem Auto stahl. In der Ruine findet sie nun ein Tagebuch der
Großmutter, das höchst interessante Details aus der Nazi-Zeit und den Kriegsjahren
beschreibt. Marie stößt dabei auf ein Familiengeheimnis, den titelgebenden
amerikanischen Offizier, der offenbar die große Liebe jener Kriegswitwe und Schlossherrin
war. Und da ist wieder das Corot-Bild, dessen Weg sich in den Nachkriegswirren verliert.
Doch die junge Frau spürt zugleich, dass ein ebenso mysteriöser wie attraktiver Franzose
sie beschattet, verfolgt und sie dann aus mehreren Notsituationen rettet. Sind sie Gegner
oder kämpfen sie auf derselben Seite? Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Marie und diesem
Maurice ist allein für sich bereits ein Leckerbissen und knistert auf elegante Weise
erotisch. Immer neue Puzzle-Stücke schälen sich heraus und
bestätigen schließlich die Ahnung, dass es nicht nur einen cleveren und sehr
hartnäckigen Mörder gibt, der ihr auf den Fersen ist, sondern dass Maries Eltern
offenbar für den falschen Corot sterben mussten. Wo aber führen die Spuren hin und wem
kann sie wirklich trauen? Die Suche führt zu immer neuen Abenteuern und es wird ein
ebenso buntes wie realistisches Gemälde mit schillernden Charakteren gezeichnet. Es entsteht eine dichte Athmosphäre mit viel Nähe
zur Ich-Erzählerin und sehr genauen Beobachtungen von Figuren und Orten einschließlich
einer kleinen aber feinen Israel-Kunde. Außerdem macht Cornelia Rimpau sich ein geradezu
sadistisches Vergnügen daraus, der sympathischen Marie mitten in der Spannung kleine,
stilvolle Abschweifungen zu gestatten. Der amerikanische Offizier hat alle
Zutaten eines Spannungsromans von hoher Klasse und die Autorin hat daraus mit viel Stil
und einigen Thrillerelementen ein Lesevergnügen allererster Güte geschaffen. |
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# Cornelia Rimpau: Der amerikanische Offizier; 352
Seiten; Wunderlich, Reinbek/Hamburg; 39,90 DM (öS 291,00/sFr 37,00/ 19,90) WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) |
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Kennziffer: Bel 109 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de |