WOLFGANG SCHNEIDER: "FRAUEN UNTERM HAKENKREUZ"
Die Frauen im Dritten Reich entrechtet, versklavt, zu Gebärmaschinen
degradiert? Pauschalurteile wie dieses über die Rolle der Frau
im nationalsozialistischen Alltag widerlegt der Historiker Wolfgang
Schneider mit teils überraschenden Fakten in seiner jüngsten
Dokumen-tation zur Hitler-Zeit unter dem Titel "Frauen unterm Hakenkreuz".
Gemäß der NS-Ideologie galt die Frau als "natürliche
Gefolgschaft" des Mannes und der Kinderreichtum sowie die Förderung
der nordisch-arischen Rasse hatten höchs-te Priorität. Konsequent
war die NSDAP bis in die un-tersten Gliederungen frauenfrei und am
26. Januar 1942 zog Hitler eindeutig Stellung: "Ein Frauenzimmer,
das sich in politische Sachen einmischt, ist mir ein Greu-el!" Weisungen,
Befehle und Zitate offenbaren auf er-staunliche Weise, in welchem
Maße Hitlers gestörtes, von dumpfer Verunsicherung gekennzeichnetes
Verhältnis zu den Frauen deren Einordnung ins System prägten.
Gegen den Rat solch wichtiger Mitstreiter wie Hermann Göring
oder Rüstungsminister Speer beharrte er selbst dann noch auf
der ideologische gewollten Schonung der Frau, als der Kriegsverlauf
1942 die allgemeine Dienst-pflicht für Frauen wegen des Arbeitskräftemangels
drin-gend erforderlich machte. In diesem Streit über die Frau
als "Zuchtstute oder Arbeitspferd" setzte sich Hitler klar zugunsten
der "Hüterin der Familie" durch. Während Großbritannien
und die USA die allgemeine Dienstpflicht von Beginn an sehr produktiv
nutzten, wurden im Reich die Verpflichtungen erst Mitte 1944 auf Himmlers
Druck hin angehoben. Der absolute Vorrang für die Mutterrolle
ließ zuvor nur die Eingliederung der Frau in die Industrie per
Werbung statt per Weisung zu - mit entsprechend mäßigem
Erfolg. Beim direkten mili-tärischen Einsatz war Hitler noch
restriktiver. So sagte ein Erlass bezüglich von Wehrmachtshelferinnen,
der 'weibliche Soldat' vertrage sich nicht mit der nationalsozialistischen
Auffassung vom Frauentum. Tat-sächlich dienten im gesamten Krieg
nur rund 450.000 Frauen im militärischen Hilfsdienst und der
im Septem-ber 1944 ausgehobene "Volkssturm" zog auf ausdrückliche
Weisung keine Frauen ein. Doch Schneiders hervorragend recherchiertes
Werk führt auch manch andere unerwartete Fakten zutage wie die
Gleichberechtigung der arbeitenden Frauen im Tarifgefü-ge seit
Kriegsbeginn, manche frauenfreundliche Schutz-bestimmungen aber auch
Hitlers abstruse Ideen zur Viel-weiberei, die nach dem Krieg nötig
werde, um einen zu großen Geburtenausfall zu vermeiden. Der
Autor schildert den Wandel der Frauenrolle in zeitlichen Abschnitten
von der Vorkriegszeit über die Blitz- und Weltkriegsjahre bis
zur Endzeit. Dokumente und Zitate verfeinern das Bild und vieles davon
dürfte selbst Kennern nur wenig bekannt sein. Eine thematisch
gebündelte Chronik sowie über 100 Fotos krönen dieses
gelungene Buch, das in seiner Qualität Schneiders Vor-läufern
"Soldaten für Hitler", "Die Waffen-SS" und "Alltag unter Hitler"
in nichts nachsteht. |
|
#
Wolfgang Schneider: Frauen unterm Hakenkreuz; 240 Seiten, 112 Fotos;
Hoffman und Campe Verlag, Hamburg, 22,- € WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) |
|
Kennziffer: NF 106 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de |