PETER STANFORD: "DER TEUFEL. Eine
Biografie" "Der Teufel. Eine Biografie" nennt Peter Stanford sein neues Buch und es ist eine treffliche Idee, den alten Schurken zu personalisieren. Wer sind seine Vorfahren, hat der Fürst der Finsternis so etwas wie eine Familie? Prallvoll mit Geschichten vom Werdegang des Teufels
ist das hervorragend recherchierte Werk, das in der Tat einen Urahnen nennt: vor über
4000 Jahren hielt ihn das mesopotamische Gilgamesch-Epos als "Huwawa" für die
Nachwelt fest. Außerdem gab es noch den ägyptische Anubis, wogegen die alten Griechen
keinen Teufel benötigten, bei ihnen erledigten die Götter alles Böse gleich mit. Auch das Judentum basiert mit Jahwe auf einem Gott
für Gut und Böse und das Alte Testament kommt ebenfalls fast ohne Teufelsgestalt aus.
Was wäre also bloß aus dem Teufel geworden ohne das Christentum?! Erst im Neuen
Testament wird er zum Verantwortlichen für das Böse. Endgültig etabliert ihn das
Johannes-Evangelium, das ihn zum "Sohn des Verderbens" stilisiert, während ihm
die anderen Weltreligionen nur recht geringe Bedeutung zugestehen. Stanford schildert seinen Aufstieg mit der Verbreitung
des Christentums, dem er seinen ganzen Ruhm als Schurkendarsteller verdankt, denn er ist
ein wertvoller Verbündeter im Bekehrungswerk ihrer Missionare. Selbst in jungen Jahren
vom katholisch eingedrillten Teufelsglauben traumatisiert, geht der Autor mit
nßüchterner britischer Ironie auch auf die finstersten Zeiten der Kirchenherrschaft
durch Teufelsbeschwörung und Teufelsbekämpfung mit Feuer und Schwert ein. Exzellent wird dargestellt, wie der Teufel im Laufe
der Geschichte wahrgenommen wurde und welch gravierende Rolle er in Kultur, Literatur und
Theater jener tief abergläubischen Zeiten spielte. Seine Hochzeit "durchlebte"
er schließlich während der Inquisition, die ihren monströsen Siegeszug mit dem
Hexenwahn vom 15. bis zum 17. Jahrhundert krönte. Stanford beleuchtet die Hintergründe
dieser kirchlich sanktionierten Folter- und Mordepoche klar und verständlich. Immer wieder wird deutlich, dass die Idee, die Figur
des Teufels konkret und sinnfällig zu machen, eine der eindrucksvollsten und
erfolgreichsten Weichenstellungen des Christentums war. Um so mehr fällt der Machtverlust
der Kirche und ihres finsteren Vasallen in der Gegenwart auf. Der kenntnisreiche
Journalist lässt jedoch nicht unerwähnt, wie der Vatikan noch heute diskret zu ihm
hält, hat doch der amtierende Papst persönlich noch 1982 einen Exorzismus an einer
jungen Frau vorgenommen. Dieses ebenso anspruchsvolle wie höchst unterhaltsame
Buch wird dem eher kirchenfernen Leser vermutlich mehr Lesevergnügen bereiten als
überzeugten Katholiken, die schon über Stanfords letztes Werk "Die wahre Geschichte
der Päpstin Johanna" (1999) schier entsetzt waren. Vor allem die Ungläubigen jedoch
seien mit den Worten Bau= delaires gewarnt: "Die tiefste aller Listen des Teufels
ist, uns einzureden, dass es ihn nicht gebe." |
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# Peter Stanford: Der Teufel.Eine Biografie (aus
dem Englischen von Peter Knecht); 366 Seiten; Insel Verlag Frankfurt; 49,80 DM (öS 364,-/sFr 46,00/ 25,46) WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) |
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Kennziffer: SBA 001 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de |