MATT ANNISS u.a.: INTO THE
GROOVE
Man hatte die Vinylschallplatte spätestens nach dem Siegeszug der CD in den 80er Jahren
bereits totgesagt. Stattdessen aber feiert sie im 75. Jahr ihrer Existenz ein weltweites
Revival. Dazu haben fünf erfahren Musikjournalisten nun ein großartiges Kompendium unter
dem Titel Into the Groove vorgelegt.
Der Untertitel sagt genauer, was man erwarten darf: Vinyl-Kult. Die Geschichte der
Schallplatte. In fünf Kapiteln werden alle wesentlichen Facetten beleuchtet, wobei
der Schwerpunkt auf der 12-Zoll-Langspielplatte liegt. Dass genau dieses Maß zum Standard
wurde, lag darin begründet, dass die angelsächsischen Länder und insbesondere die USA
damals führend in der Phonographen-Technologie waren.
Die Anfänge lagen bei 5-Zoll-Schallplatten, für die Emil Berliner, der Erfinder des
Plattenspielers, entsprechende Abspielgeräte entwickelt hatte. Bunt war der Weg bis zu
der Long Playing Microgroove Record, die Columbia Records am 18. Juni 1948 in
New York vorstellte: aus Vinyl (PCB) und mit der aus dem Einsatz in der Filmindustrie
abgeleiteten Geschwindigkeit von 33 Umdrehungen pro Minute.
Noch in den 30er Jahren hatte die Schellackplatte aus Kostengründen den Markt beherrscht.
Kriegsbedingt und wegen eines über zweiojährigen Streiks der AFM (American Federation of
Musicians) wurde jedoch schon durch die V-Discs aus Vinyl für die streitkräfte der Weg
frei für die Platten aus eben diesem Material.
Dem neuen Format setzte alsbald Columbia-Konkurrent RCA die 7-Zoll-Single mit 45 UpM
entgegen auch die mit großem Erfolg, denn sie war mit ihren zwei Titeln auf A- und
B-Seite für jedermann erschwinglich und beflügelt wurde ihr rasanter Aufstieg durch die
überall aufkommenden Juke-Boxes. Spätestens gegen Ende er 60er Jahre aber wurde dank der
Jugend-Revolution in der Unterhaltungsmusik der Triumph des sogenannten Albums der Umsatz
der Singles bei weitem überflügelt.
Doch Matt Anniss, Gillian G. Gaar, Kim Micaleff, Martin Popoff und Ritchie Unterberger
begnügen sich nicht mit der interessanten Geschichte der Vinyl-Schallplatte an sich.
Immer wieder werden legendäre Covers und Labels sowie besonders populäre
Schallplattenläden (die großenteils aber nicht mehr existieren) mit kompakten Texten und
Fotos eingeflochten.
Da wird an Labels erinnert wie Sam Phillips' SUN-Records, quasi die Geburtsstätte des
Rock&Roll, oder das stilprägende MOTOWN-Label und das unvergängliche BLUE NOTE-Label
als Mekka des Jazz.
Eine wahre Bilderpracht bieten schließlich die vielen ikonischen Cover von teils hoher
Kunst wie das zu Sgt. Pepper's lonely Hearts Club Band über Andy Warhols
Banane für Velvet Underground bis hin zu manchen Kunstwerken im Jazz-Bereich. Und zu
guter letzt wird auch das Thema Schallplattenspieler kurz angerissen vom primitiven
Tragbaren bis hin zur luxuriösen Soundmachine.
Für so viele Generationen hat die Vinylplatte bis heute ihren Zauber behalten
dieses Kompendium aber wird selbst die modernen Musikliebhaber von Spotify und dergleichen
begeistern. Schließlich ist die Totgesagte auch bei ihnen wieder in.
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