MICHAELA KARL: KATHERINE
MANSFIELD
Als Schriftstellerin schaffte Katherine Mansfield (1888-1923) nur Fragmente für einen
Roman, als Wegbereiterin der modernen englischen Short Story aber wurde sie eine feste
Größe in der Literatur.
Nun hat sich mit Michaela Karl eine versierte Biografin der Vita dieser eigenwilligen Frau
unter dem Titel Katherine Mansfield. Eine Biografie angenommen. Als Tochter
eines äußerst geschäftstüchtigen Bankiers und einer überaus dünkelhaften Muttr hatte
die als Kathleen Mansfield Beauchamp geborene höhere Tochter mit einem unüberwindlichen
Makel zu kämpfen, als sie 1908 nach London zog, um Karriere zu machen: ihren Geburtsort.
In der Gesellschaft herrschte zwar postviktorianische Aufbruchstimmung, die
hochintelligente und künstlerisch begabte 20-Jährige kam jedoch aus Neuseeland, aus den
Kolonien also. Solche Menschen galten der upper class als koloniale Tölpel
vom Ende der zivilisierten Welt.
Was Katherine Mansfield umso härter traf, als sie selbst ganz nach ihrem Vorbild Oscar
Wilde Provinzialität und Konventionen verabscheute. So rebellisch und unkonventionell sie
sich auch gab, den Eindruck, trotz literarischer Erfolge als minderwertig angesehen zu
werden, konnte sie nie ganz überwinden.
Dabei erwies sich die Autorin als so sprachgewaltig, dass sogar ihre gute Bekannte
Virginia Woolf Neid auf diese Qualitäten nicht verhehlte. Widersprüchlichkeit aber war
und blieb ein beherrschendes Element im Leben dieser Getriebenen, die die einen als
schwierigen Charakter, die anderen schlicht als arrogant und sogar
hinterhältig bezeichneten.
So zeigt die intensive recherchierte Biografie, dass Katherine Mansfield zwar offenbar oft
mit sich selbst nicht im Reinen war, sich zugleich aber meist genau dorthin sehnte, wo sie
gerade nicht war. Andererseits changierte sie in illustren Kreisen zu denen zum
Beispiel D. H. Lawrence und Frieda von Richthofen zählten von der Blenderin, die
charmant und liebenswürdig sein konnte, bis zur bösartigen Furie.
Ihre Neigung zu launischen Diva mit einem recht unordentlichen iebesleben samt unehelichen
und unglücklichen Verlaufenen Schwangerschaften schlug sich in Kapriolen bis hin zu
Ermunterungsbriefen an sich selbst nieder. Doch selbst diese brillierten in der
Formvollendung, die ihre sämtlichen literarischen Arbeiten auszeichnete.
In ihre hochgeschätzten Short Stories flossen im Übrigen viele persönliche Erfahrungen
ein, wobei ihr Libelingsmotiv das Thema ruinierter Perfektion war. Trotz ihres stets
eigenwilligen und auf dezidierte Unabhängigkeit bedachten Verhaltens war sie erstaunlich
erfolgreich. Zugleich aber erwies sie sich gerade wegen ihres Verhaltens aber auch als
erstaunlich unbeliebt.
Und vielleicht charakterisiert der Untertitel dieser spannenden Biografie Katherine
Mansfiled durchaus zutreffend, zumal diese Zeile von ihr selbst stammt. Ich brauche
einen Liebhaber, der mich am Denken hindert.
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