WALTER ISAACSON: „ELON MUSK“


Ohne Elon Musk wäre die Ukraine wahrscheinlich längst gegen den Raubzug Russlands untergegangen. Er aber stellte mit Beginn der Invasion sein Starlink-Satellitennetzwerk zur Verfügung, damit die Verteidiger nicht blind in der überlebenswichtigen Kommunikation wurden.
Wer aber ist dieser Retter, dem aus Familien- und Freundeskreisen ein häufiger Verfall in eine Art „Dämon-Modus“ und noch so manche weitere Macke nachgesagt wird? Das öffentliche Bild ist schillernd, widersprüchlich und verwirrend, um so wichtiger wurde dazu die große Biografie von Walter Isaacson. Zwei Jahre lang durfte er den Innovator und Unternehmer begleiten und viele Gespräche mit ihm führen.
Isaacson hat bereits weltweit beachtete Biografien verfasst, so unter anderem die einzige autorisierte zum Internet-Revolutionär Steve Jobs. Vor allem aber genoss der Geschichtsprofessor und Spitzenjournalist das wichtige Privileg, dass ihm Musk keinerlei Kontrolle auferlegte und auch kein Vorablesen verlangte. Andererseits bekam Isaacson einen umfassenden Zugriff auf familiäre und andere Zeitzeugen.
„Elon Musk. Die Biografie“ beginnt ausführlich mit Kindheit und Jugend des 1971 in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria Geborenen. Und gerade diese Zeiten waren die der intensivsten Prägungen. In der Schule erlebt er als Außenseiter viel Gewalt, doch zu Hause war es mit einem brutalen Vater eher noch schlimmer.
Für viele seiner erratischen bis manischen Verhaltensweisen machen Kenner Musks eine PTBS aus dieser Zeit verantwortlich. Eigenschaften wie eine Neigung zur zeitweiligen Abschottung, zu extrem hoher Risikobereitschaft und geradezu manischer Intensität bei gleichzeitigem Mangel an Empathie sprechen allerdings von autistischen Zügen und Elon Musk bestätigte vor einigen Jahren selbst öffentlich die Annahme, dass er ein Asperger-Syndrom habe.
Früh begann sein atemberaubender Aufstieg und entscheidende Impulse erhielt er während des Studiums in den USA. Als er 1994 Praktika im Silicon Valley absolvierte, glänzte er mit Ideen zum Ultrakondensator (später entscheidend für die Entwicklung des E-Autos!) und des Multitasking in Computern. Mit seinem extrem gut entwickelten Ingenieur-Denken hatte Nusk eben nicht nur einen Sinn für die Software sondern auch die technischen Vorgänge in der Hardware.
So entstanden wegweisende Erfindungen wie Zip2, quasi die Gelben seiten des Internets, und bei X.com war er ein Pionier des Online-Banking. Als er seine PayPal-Anteile veräußerte, war mit jungen Jahren Multimillionär. Vor allem aber hatte er nun genug Spielgeld für die nächsten Visionen. Und das ist insofern wörtlich zu nehmen, als Musk ein extrem unruhiger Geist ist und dabei verrückt nach Neuem und ganz viel Risiko.
Niemals ein Teamplayer, legte er eine ebenso manische wie egomane Arbeitswut zutage und erwartet dies auch von seinen Mitstreitern. Biograf Isaason schildert dies am plastischsten mit einem Kapitel über das Verhältnis Musks zu dem anderen Alphatier XXL unserer Zeit Bill Gates, hinter Elon Musk der zweitreichste Mensch der Welt.
Beiden zueigen ist das brillante analytische Denken, der sehr hohe Konzentrationslevel und mit einer an Arroganz grenzenden Art und Weise von ihrem Intellekt überzeugt: „Beide ertragen keine Dummheit.“ Andererseits gibt es etliche dezidierte Gegensätze zwischen den beiden. Vor allem neigt Musk zur Provokation und tritt oft asl Exzentriker auf.
Seine Erfolge bedurften jedoch vermutlich gerade diese Mischung als Genie, Rücksichtslosigkeit und Größenwahn. So erlebt er mit seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX drei irrsinnig kostspielige Fehlstarts und – machte einfach weiter. Längst folgten inzwischen Dutzende erfolgreicher Flüge inklusive des Spaceshuttle-Programms für die NASA und ernst gemeinten und verfolgten Träumen von Reisen zum Mars.
Seine Firma Tesla produziert mittlerweile weltweit Elektro-Autos, er baut revolutionäre Roboter und treibt die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz voran. Und wurde dabei inzwischen mit einem aktuellen Vermögen von ca. 242 Milliarden Dollar der reichste Mensch aller Zeiten. Blieb jedoch weiterhin ein unberechenbarer Getriebener – was bei seinen Geistes- und Gefühlssprüngen bei gleichzeitiger ungeheurer Machtfülle durchaus beunruhigen kann.
Elon Musk kann ein Drecksack sein, er kann charmant und großzügig sein und er will die Zukunft gestalten – diese äußerst unterhaltsame und sehr eingehende Biografie stellt eine Ausnahmepersönlichkeit vor, wie sie kein Romancier besser hätte erfinden können.

# Walter Isaacson: Elon Musk. Die Biografie (aus dem Amerikanischen von Sylvia Bieker, Gisela Fichtl, Katharina Martl, Ulrike Strerath-Bolz, Anke Wagner-Wolf und Henritte Zeltner-Shane); 819 Seiten, div. SW-Abb.; C. Bertelsmann Verlag, München; € 38

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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