ALEXANDER DEMANDT: „DIOKLETIAN“

 
Der römische Kaiser Diokletian (ca 240 – 312 n.Ch.) genießt dank der Geschichtsschreibung insbesondere aus christlicher Sicht ein eher unterdurchschnittliches Ansehen. Dem ist nun Alexander Demandt, emeritierter Professor für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin, mit einer großen Biografie entgegengetreten.
„Diokletian. Kaiser zweier Zeiten“ hat er sie überschrieben, wobei sich Demandt nicht auf die Vita des Herrschers beschränkt sondern auf dem neuesten Stand von Forschung und Quellenlage die gesamte Ära beleuchtet. Als Diokletian im Jahr 284 zum Imperator ausgerufen wurde, befand sich das Römische Imperium, das sich über den gesamten Mittelmeerraum und darüber hinaus erstreckte, militärisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich im Niedergang.
Seit längerem herrschten nur noch die sogenannten Soldatenkaiser, Militärs, die sich in rascher Folge an die Macht putschten und quasi für permanente Bürgerkriege sorgten. Auch Diokletian kam auf diese Weise ins Amt, sollte sich jedoch als ebenso harter wie kluger Reformer erweisen.Zuletzt war er Kommandant der kaiserlichen Garde gewesen, über seine Herkunft aber kann auch der Historiker Demandt nur mutmaßen, dass er sich aus einfachen Verhältnissen hochdiente und womöglich gar von Sklaven abstammte.
Diokletian war ein Bewunderer vom großen Kaiser Marc Aurel (121-180 n.Ch.), der seinerzeit die Macht mit einem Mit-Kaiser geteilt hatte. Diokletian ging angesichts des desolaten Zustands des überdehnten Reiches noch einen Schritt weiter und regierte in einem System der Tetrachie, einer Viererherrschaft. Als Mitkaiser mit dem Titel „Augustus“ wählte er Maximinian. Hinzu kamen zwei sogenannte „Caesaren“ als Nebenkaiser.
Entscheidend für seine Personenwahl waren Erfahrung und Loyalität und während Diokletian von Nikomedia (das heutige türkische Izmit) regierte, taten seines Mitherrscher dies von Mailand, Trier und Thessaloniki aus. Grundlegende Reformen, die der letzte Soldatenkaiser nun anging, betrafen die Verkleinerung der Provinzen und die Stärkung zentraler Verwaltungen.
Diokletian trennte Militär und Verwaltung voneinander, sanierte die Wirtschaft und schuf mehr Rechtssicherheit. Tatsächlich hatte das Imperium mit seinen 50 Millionen Einwohnern zwar ein hohes zivilisatorisches Niveau, war militärisch jedoch ausgeblutet. Diokletian reformierte es mit unerbittlicher Strenge und sorgte als erster Kaiser der Spätantike für eine 20 Jahre währende Epoche der Konsolidierung und Beruhigung.
Was seinen Ruf gleichwohl überschattete, war sein Wirken bei der Wahrung der römischen Göttervielfalt. Wegen des immer stärker aufkommenden Christentums sah er es als unerlässlich an, dieses als „wesensfremd“ für den Römerstaat zu bekämpfen. Es war insbesondere der Absolutheitsanspruch dieser Religion, den er als Bedrohung für den Bestand des Imperiums ansah.
Mit seinem Edikt aus dem Jahr 202 setzte er die letzte große Christenverfolgung in Gang – von der Alexander Demandt allerdings die von späteren christlich geprägten Geschichtsschreibern überlieferten Opferzahlen für stark aufgebauscht ansieht.
Und dann zog sich dieser mächtige Herrscher im Jahr 305 freiwillig aufs Altenteil zurück, als einziger römischer Kaiser überhaupt. Auch Historiker Demandt kann hier nur vage Angaben zu möglichen Gründen und den tatsächlichen Umständen machen, zu denen belastbare Quellen fehlen.
Das Andenken an Diokletian als „Kaiser zweier Zeiten“, der das Imperium maßgeblich reformierte, wird durch diese exzellente Biografie auf jeden Fall in ein der wahren Bedeutung dieses Herrschers angemessenes neues Licht gestellt. Fazit: nicht weniger als ein Standardwerk zur Geschichte des Römisches Reiches.

# Alexander Demandt: Diokletian. Kaiser zweier Zeiten. Eine Biographie; 432 Seiten, div. Abb.; C. H. Beck Verlag, München; € 32

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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