PHILIP MANSEL: „KÖNIG DER WELT“


Über Ludwig XIX. (1638-1715) gibt es eine Fülle auch biografischer Bücher. Wenn Philip Mansel nun dennoch ein weiteres großvolumiges Werk zum Sonnenkönig vorlegt, sollte dieses willkommen sein, denn es ist nicht weniger als Art Generalbiografie auf dem jüngsten Stand der Forschung.
„König der Welt. Das Leben von Ludwig XIV.“ hat der als herausragender Experte zu diesem Monarchen geltende Fellow der Royal Historical Society dieses Opus Magnum überschrieben. Zu den besonderen Stärken dieser Biografie gehören gerade auch jene Aspekte und Themen, die andere Autoren bisher eher unbeachtet ließen.
Dies betrifft insbesondere die vielfältigen privaten Interessen und Leidenschaften des Königs wie die Jagd, der Gartenbau und die intensive Befassung mit jeglichen Phasen beim Bau des „Weltwunders“ Versailles. Aber auch Ludwigs koloniale Ambitionen in Afrika, Nordamerika und bis nach China, Indien und Siam (heute Thailand) erhalten ihren nicht unbedeutenden Raum.
Natürlich widmet sich Historiker Mansel sämtlichen Phasen der mit 72 Jahren unglaublich langen Regentschaft in Zeiten, als das Durchschnittsalter der Menschen kaum die 50 erreichte. Die ebenso quälenden wie prägenden ersten 23 Lebensjahre, bis er vom Regiment seiner Mutter und vor allem vom heimlichen Herrscher Kardinal Mazarin befreit wurde, werden auch gewürdigt.
Wie der in seiner körperlichen Statur eher unscheinbare Monarch sich zu einem Herrscher entwickelte, der die Armee noch mehr liebte als die Frauen und auch deshalb in 33 seiner 54 Regierungsjahren nach Mazarins Tod im Jahr 1661 Kriege führte. In diesem Auftaktjahr war Frankreich das mächtigste Land mit der stärksten Armee in Europa.
Mansel gibt zum Abschluss der Biografie eine eingehende Analyse dazu ab, warum bei Ludwigs Tod diese Vormachtstellung verloren gegangen war. Zu viele Kriege und insbesondere der von Ludwig obsessiv initiierte Spanische Erbfolgekrieg – um einen Bourbonen auf Spaniens Thron zu bringen – waren wesentliche Gründe.
Und es waren Charakterfehler der Königs selbst, die Frankreichs Niedergang von der anfänglichen Glorie bewirkten. So schildert der Historiker anhand einschlägiger Quellen, wie aus dem anfangs so freundlichen jungen König ein absolutistischer Herrscher wurde, den Narzissmus, Taktlosigkeit, Mangel an Realitätssinn und die Unfähigkeit, die Folgen einer Entscheidungen abzuschätzen zu Fehlern und Misserfolgen trieben.
Geradezu monströs erscheint da die Widersprüchlichkeit eines Mächtigen, der modernes Denken in die Förderung von Wissenschaft und Kultur einfließen lässt und in Mode und höfischer Pracht Maßstäbe setzte. Um andererseits in tief katholischem Wahn 1685 das Edikt von Nates zu widerrufen, was zum blutigen Exzess der Bartholomäusnacht führte und die wirtschaftlich bedeutsame Gesellschaftsgruppe der protestantischen Hugenotten zu Hunderttausenden ins Exil trieb.
Es waren wiederholt schwere Unzulänglichkeiten wie die mangelnde Urteilsfähigkeit und der Hang auf Schmeichler und unfähige Berater zu hören, die dazu führten, dass der Sonnenkönig eine solch durchwachsene Erfolgsbilanz hinterließ. Glanz und Gloria dieses Ausnahmeherrschers bleiben gleichwohl unvergessen und außer dem Schloss von Versailles gab er Frankreich seine gegenwärtige geografische Form und Ausdehnung.
Fazit: eine ebenso fundierte wie opulente Biografie, die aktuell als das Non-plus-ultra zu dieser prägenden Herrscherfigur gelten darf.

# Phlip Mansel: König der Welt. Das Leben von Ludwig XIV. (aus dem Englischen von Karin Schuler); 941 Seiten, div. Abb.; Propyläen Verlag, Berlin; € 59

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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