DONNA LEON: „EIN LEBEN IN GESCHICHTEN“


Seit genau 30 Jahren legt Donna Leon einen Krimi nach dem anderen vor und in diesem September wird die Erfinderin des Commissario Brunetti 80 Jahre alt. Wie viel aber weiß man über das Leben dieser Autorin?
Um eine gewisse Diskretion zu wahren, hat sie das Biografische einfach selbst übernommen und zwar in Form von Memoiren. „Ein Leben in Geschichten“ nennt sie das und als sie den Anstoß dazu bekam: „fiel mir auf, dass ich in meinem Leben allerlei Ungewöhnliches erlebt und getan hatte.“
Wobei sie nun zunächst auf ihre Großväter eingeht, wo ihr bei dem einen nur die lateinamerikanischen Herkunft bekannt ist. Opa Noll dagegen war ein in Nürnberg geborener Farmer in New Jersey. Auf dessen Farm zu sein, begeisterte sie und ihren Bruder in jungen Jahren ungeheuer. Offenbar gab es in ihrer Familie im Übrigen diverse originelle Persönlichkeiten und ihrer geliebten Mutter bescheinigt sie sogar, eine Irre im amerikanischen Sinne gewesen zu sein.
Sich selbst bescheinigt Donna Leon einen völligen Mangel an Ehrgeiz, den sie von ihrer lebensbejahenden Mutter geerbt habe. In Sachen Musik sei sie als Teenager im Übrigen eine solche Außenseiterin gewesen, dass es zu peinlich war, darüber zu reden: statt Elvis liebte sie Barock-Musik und später kamen noch Opern hinzu.
Bildhaft und immer wieder auch spannend schildern die Geschichten die Vita einer ebenso spontanen wie abenteuerlichen Persönlichkeit, die sich immer wieder allerhand traute. Etliche dieser 30 Einzelgeschichten, die ein ganzes Leben illustrieren, waren bisher unveröffentlicht. Darunter als besonders witzige und zugleich schicksalhafte jene aus ihrer Zeit als junge Englischlehrerin im Iran.
Köstliche Feinheiten gehören dazu, auch wenn es mit der Islamischen Revolution 1979 ungemütlich wurde. Um so krasser ging es unter den Ausländer bis hin zu sogenannten Sperrstunden-Pyjamapartys zu. Und als sie das Land dann überstürzt verlassen musste, gingen ihre Unterlagen für die Promotion verloren. Was dann nicht nur die Weichen hin zu allerlei weltweiten Arbeitsaufenthalten stellte, sondern sie statt zur braven Akademikerin zur Schriftstellerin mit ganz viel krimineller Fantasie werden ließ.
Typisch für sie, dass die Langeweile war, die sie zu einem Job in Italien trieb. Und das wurde „die Liebe meines Lebens“. Auch wenn sie anfangs noch gar nicht in ihrem geliebten Venedig wohnte. Das sie erst im Altern als Wohnsitz aufgab, um seither hauptsächlich in der Schweiz zu leben.
Charmant, ehrlich und voller Humor umreißt Donna Leon das alles als wunderbare Erzählerin, die nicht wie eine Autobiografin sondern wie eine gute Freundin aus ihrem Leben berichtet. Fazit: ein großartiges Lesevergnügen.

 

# Donna Leon: Ein Leben in Geschichten (aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz u.a.); 191 Seiten; Diogenes Verlag, Zürich; € 22


WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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