SAID: „EIN VIBRIERENDES KIND“


Vor einem Jahr verstarb der iranisch-deutsche Schriftsteller SAID, 1947 in Teheran unter dem Namen Said („Der Glückliche“) Mirhadi geboren.Als Meister der deutschen Sprache erzielte er zahlreiche hohe Preise und Ehrungen.
Bereits 2014 hatt SAID seinem Freund Michael Scholz das fertige Manuskript zu „ein vibrierendes kind“ zugesandt. Nun ist dieses ganz besondere Werk als Nachlass erschienen und es berührt als eine Art romanhafte Autobiografie einer Kindheit und Jugend in seinem Heimatland, das er mit knapp 18 Jahren mit Einverständnis des Vaters zwecks Studiums verließ.
Weder ihn noch seine Heimat sollte er je wiedersehen, denn als Ingenieurstudent in Deutschland engagierte er sich politisch erst gegen das Schah-Regime und nach dessen Sturz durch die Mullahs ebenso gegen die nun drakonisch waltende Thekratie. 1980 begann SAID auf Deutsch zu schreiben und seine zentrale Themen waren die Liebe und das Exil, denn die deutsche Sprache wurde ihm zu einer Fluchtburg und er lernte sie einzigartig zu beherrschen.
In diesem letzten Buch nun geht er in die Zeit zurück, als er mutterlos aufwuchs. Diese Mutter war erst 14 bei seiner Geburt und bereits wieder geschieden von seinem Vater, einem Offizier. Durch ihn, der zum Bedauern des Sohnes viel zu oft abwesend sein musste, sowie durch Verwandte hatte er als sehr verträumtes Kind eine behütete Zeit.
Früh wehrte sich diese ebenso intelligente wie sensible Kind „gegen die Vernunft der Erwachsenen“. Bei aller Verträumtheit aber entgeht „dem Kind“ - wie er sich selbst immer wieder bezeichnet – nichts von dem, was um ihn herum vor sich geht. Da passiert 1953 der Putsch gegen Mossadegh, der mehr Demokratie und Unabhängigkeit einzuführen versuchte. Kameraden des Vaters wurden hingerichtet, zugleich erlebt der Junge, ohne es schon verbalisieren zu können, Diskriminierung und Rassismus zum Beispiel gegen die Dienstmädchen.
All dies ist eingeflossen in diese Erinnerungen, die episodenweise in eienr Art Langgedicht eingebettet sind. Und ungemein fesselnd in der für SAID so berühmten kraftvoll-poetischen Sprache. Einfach, bildhaft und tiefgründig lakonisch entfaltet sie eine hohe Intensität. Ein großartiger Nachlass und eine berührende Hommage an den geliebten Vater.

# SAID: ein vibrierendes kind. Erinnerungen an eine persische Kindheit; 272 Seiten; C. H. Beck Verlag, München; € 23

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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