ROB HALFORD: ICH BEKENNE
Mindestens so hypermaskulin wie die Rap-Music war von jeher der hammerharte Heavy Metal.
Was hätte es da wohl für katastrophale Folgen gehabt, wenn herausgekommen wäre, dass
der martialisch röhrende Platzhirsch auf der Bühne ein Schwuler ist?!
Das aber war das große quälende Problem von Rob Halford, der sich als Sänger der
britischen Metal-Band Judas Priest sogar den Kultstatus als the Metal
God erwarb. Wenn die Bandkollegen dann nach den riesigen Konzerten mit all den
Groupies Sex, Drugs und Rock&Roll genossen, verzog er sich allein aufs Hotelzimmer und
schüttete sich vor lauter Einsamkeit und in unstillbarer Sehnsucht zu.
Nun liegt seine mit Co-Autor Ian Gittins verfasste Autobiografie Ich bekenne
vor und da nimmt er tatsächlich kein Blatt vor den Mund. Natürlich erfährt man auch
ganz viel Bandgeschichte von einer der stilprägenden Formationen des Genres inklusive des
Alltags auf den erfolgreichen Tournee. Aber eben auch von der Sonderrolle des
Arbeitersohnes, der schon als Jugendlicher seine schwule Veranlagung erkannt hatte.
Heterosexualität war oberstes Gebot in der Rock-Szene und so musste sich Halford von
kleinen heimlichen Ausreißern abgesehen ständig verstecken. Dabei erscheint es ihm
geradezu als Treppenwitz, dass ausgerechnet er 1978 den Sadomaso-Look der schwulen Szene
mit Lederkluft, Nieten und Peitschen zum heftig nachgeahmten Kleidungsstil in der
Metal-Musik einführte. Und so gewandet röhrte sich der Mann mit der irren Sirenenstimme
in den Olymp des Erfolgs.
Zugleich führten ihn Angst und unerfüllte Sehnsüchte in Depressionen und Sucht. Er
hätte kein Coming-out gewagt, denn es hätte in jenen Hochzeiten der Band garantiert den
Absturz bedeutet durch seine Schuld: Es gab Momente in meinem Leben, ich denen ich
dachte, nicht mehr atmen zu können. Ich war Sänger einer der größten Heavy-Metal-Bands
der Welt und war doch zu ängstlich, der Welt mitzuteilen, dass ich schwul war.
Erst am 4. Februar 1998 mit bereits 46 Jahren und inzwischen ausgestiegen bei Judas
Priest, wagt er den Befreiungsschlag. Mit Glatze, gepflegten Bart, im Pelzmantel, mit
geschminkten Augen und schwarz lackierten Fingernägeln bekennt er sich vor laufender
Kameras beim Musiksender MTV in New York zu seiner Homosexualität.
Für ihn eine große Befreiung und kein Aufschrei der Fans, stattdessen in einem
Fan-Magazin die trockene Festellung God is gay. Und er wird umjubelt wie eh
und je, als er 2003 zur Band und auf die Bühne zurückkehrt. Aus der Machowelt zum
Sprachrohr der LGBT-Community führte der lange steinige Weg und Rob Halford, inzwischen
70 Jahre alt, beschreibt ihn ebenso ungeschönt wie explizit.
Fazit: eine bemerkenswerte Autobiografie von einer außergewöhnlichen Persönlichkeit der
Rock-Geschichte.
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