JAN SEGHERS: DER SOLIST
Anfang September 2017 stößt mit dem Ermittler Neuhaus ein Spitzenmann des BKA zur
Sondereinheit Terrorismusabwehr (SETA), die eigens nach den Pannen im Rahmen des
Anis-Amiri-Attentates auf dem Breidscheidt-Platz in Berlin ins Leben gerufen wurde. Nicht
jeder der 24 Kollegen der Einheit ist erfreut über den Neuen, der offen bekennt, kein
Teamplayer zu sein.
Dieser Neuhaus ist die Charakterfigur in einer neuen Krimireihe von Erfolgsautor Jan
Seghers. Titel des Auftaktromans ist Der Solist und das ist konsequent, denn
Solist heißt er, ist niemand unterwstellt. Tatsächlich ist dieser Kommissar nur
dem BKS-Präsidenten selbst gegenüber verantwortlich.
Eingangs gibt es jedoch zunächst eine Passage, die seinen verschlossene und abweisende
Perrsönlichkeit umreißt. Aufgewachsen bei der Großmutter, kannte er seine Mutter nur
von sporadischen Anrufen. Erst als Erwachsener lernte er sie näher kennen und musste
erfahren, dass sie nicht als Entwicklungshelferin in Afrika gearbeitet sondern eine
langjährige Haftstrafe als RAF-Terroristin abgesessen hat. Trotzdem: Er liebte sie
schweigend, und sie genoss es.
In Berlin nagekommen, hat Neuhaus es sogleich mit dem Mord an einem schwulen jüdischen
Aktivisten zu tun. Trotz seines Einzelgängertums weicht ihm die türkisch-stämmige
Kollegin Suna-Marie nicht von der Seite. Und die wegen ihrer dicken Brille Grabowski
genannte Ermittlerin erweist sich sehr hilfreich, denn sie kennt sich bestens aus im
Berliner Milieu.
Der Mord war offenbar eine Art Hinrichtung und der Leser weiß, dass der Täter ein frisch
rekrutierter IS-Killer ist. Verwirrung stiftet gleichwohl das Bekennerschreiben eines
Kommando Anis Amiri, zumal bald der zweite Mord passiert, diesmal an einer
sehr eigenwilligen muslimischen Rechtsanwältin. Und es nährt sich der Verdacht einer
gezielten Strategie, denn wurde dieselbe Waffe benutzt.
Vor allem aber kommt Nervosität auf, denn man steht kurz vor den Bundestagswahlen und da
drängt eine dubiose Partei namens Die Aufrechten ins Parlament. Es bleibt
nicht bei den beiden Morden, Neuhaus jedoch stößt auf ganz andere Spuren als den IS.
Zumal er sich die Grundsatzfrage stellt: Cui bono? Wem nutzen diese so einschlägig
wirkenden Verbrechen, wenn da auch ein Odin seine Finger im Spiel hat?
Nüchtern und zielführend treibt Jan Seghers den Krimi vor sehr realem Hintergrund voran
und widmet sich auch gänzlich respektlos dem Problem rechter Umtriebe in deutschen
Sicherheitskreisen. Fazit: ein gelungener Auftakt mit einer interessanten neuen
Ermittlerfigur in der deutschen Gegenwart.
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