PETER STAMM: WENN ES DUNKEL
WIRD
Der vielfach preisgekrönte Schweizer Autor Peter Stamm erweist sich mit seinem
Erzählungsband Wenn es dunkel wird einmal mehr auch als Meister der kurzen
Form. Ein sublimer Horror durchweht die Geschichten zuweilen und Fragen bleiben geradezu
grundsätzlich offen.
Sehr unterschiedlich erweisen sich die elf Erzählungen unhd manche Entstehung erwächst
aus ebenso alltäglichen wie skurrilen Begebenheiten. Wenn da zum Beispiel eine junge Frau
Modell für eine lebensgroße Skulptur steht und dann eine unwiderstehliche Anziehung zu
dem Kunstwerk entwickelt. Eine andere Frau wiederum betört einen Archäologen nackt, weil
sie für ihn Das schönste Kleid offenbart.
Doch es wird auch philosophisch, wenn ein biederer Angestelleter kurz vor der
Pensionierung offenbar für jedermann und sogar für sich selbst gewissermaßen aus der
Realität verschwindet. Da entstehen Szenen einer Trauer unter Supermond, die
dennoch auch eine Leichtigkeit des Seins andeuten. Ein ganz persönlicher Bruch der
eigenen Wirklichkeit der mit wachsendem Fatalismus hingenommen wird.
Skizzen für einen ganzen Film umreißt Peter Stamm jedoch ebenso bildhaft wie knapp für
Georg, den Kaufmann, der einfach nicht abschalten kann, obwohl er mit Familie unterwegs in
den Urlaub ist. Der erste Schnee lautet der harmlose Titel, und doch gibt es
höchst verwirrende Irrungen für ihn, bis er zur Besinnung kommt. Da ist plötzlich die
Familie ohne ihn weitergefahren und er gerät an eine strenge Lehrerin, die ihn zu einer
Strafarbeit verdonnert.
Immer wieder lassen Dinge bei aller Transparenz das Ende offen und das vielleicht am
schönsten bei der Eifersuchtsgeschichte eines Werbegrafikers. Als der vermeint, auf dem
Laptop seiner Gattin Hinweise auf eine Affäre entdeckt zu haben, steigt er heimlich
manipulierende in die Mail-Korrespondenz ein. Mit Folgen...
Fazit: ein mit meisterlich lakonischer Sprache hingetupfter Erzählteppich und bei aller
Philosophie nie zu schwerblütig und stets sehr unterhaltsam.
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