DAVID QUAMMEN: „SPILLOVER“


Schon im Jahr 2012 schrieb der amerikanische Wissenschaftsjournalist David Quammen die gar nicht so prophetische Prognose: „Wir können davon ausgehen, dass die nächste große Epidemie der gleichen perversen Gesetzmäßigkeit unterliegen wird wie die Spanische Grippe: hohe Ansteckungsgefahr und erst später erkennbare Symptome. Das wird ihr helfen, wie ein Todesengel durch Großstädte und über Flughäfen zu wandern.“
Hatte die Spanische Grippe von 1918 bis etwa 1921 weltweit mehr Menschen umgebracht als der Erste Weltkrieg, war die Grundlage für Quammens unheilschwangere Mahnung die SARS-Epidemie durch einen Coronavirus. Deren Siegeszug um die Welt jedoch glimpflich verlief, was sich aus einem gravierenden Unterschied zur gegenwärtigen CoVid19-Pandemie erklärt: die Symptome zeigten eine rapide Entwicklung beim Infizierten, bevor die höchste Ansteckungsstufe erreicht war.
Quammen untersuchte die Auslöser solcher Pandemien in seinem bereits 2013 erstmals veröffentlichten hochkaraätigen Sachbuch „Spillover. Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen“. Dabei stellte er sehr anschaulich dar, welche Faktoren solche Ausbrüche ermöglichen: der Zwischenwirt eines tückischen Virus wie CoVid19 schafft den Sprung von einem Wirtstier auf einen Menschen.
Die Erkrankung stellt Ärzte vor Rätsel und während noch nach Erklärungen gesucht wird, verbreiutet sich das Viruas rasant. Dicht besiedelte Gebiete, intensiver internationaler Flugverkehr und einsetzende Gegenmaßnahmen kommen spät, zögerlich und nicht immer treffsicher. Quammen schildert dazu den Weg von der Quelle zur Epidemie und zur Pandemie.
Zur aktuellen Seuche bringt er Kenntnisse täglicher Praktiken ein, die schaudern lassen. Was da insbesondere in Süd-China für eine Vielfalt an Tieren auf sogenannten Lebensmärkten angeboten und auch verkauft wird, macht die Gefahr offensichtlich. Das reicht vom Storch über Haushunde, Rattenarten, allerlei Reptilien und Kröten bis hin zu vberschiedenen Fledermausarten. Und was behördlich inzwischen verboten wurde, wird eben unterm Ladentisch oder direkt vom Transporter gehandelt.
Doch Quammen hat sich mutig auch vor Ort begeben, ist z.B. mit Laborwissenschaftlern bis in eine Fledermaushöhle vorgedrungen: „Die Luft ist mollig warm.“ Und da erst wird ihm bewusst, dass weder er noch die beiden Experten eine Maske tragen, wobei gerade Fledermäuse als besonders ausgiebige Virenträger gelten. Aber auch Affen sind stark in der Seuchenauslösung vertreten, wie diverse Beispiele zeigen. Allen voran die bis heute nicht besiegte HIV-Pandemie mit hunderttausenden von Toten seit Anfang der 1980er Jahre.
Qammen schreibt das Alles ebenso verständlich wie spannend einschließlich wagemutiger persönlicher Erkundungsgängen. Und zur Neuauflage seines erhellenden Buches stellt er fest: „Wir haben die Coronavirus-Epidemie verursacht. Es mag mit einer Fledermaus in einer Höhle begonnen haben, aber menschliche Aktivitäten haben sie ausgelöst.“ Fazit: ein höchst wichtiges Aufklärungsbuch und an Aktualität niochjt zu überbieten.

# David Quammen: Spillover. Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen (aus dem Amerikanischen von Dr. Sebastian Vogel); 557 Seiten, Klappenbroschur; Pantheon Verlag, München; € 16

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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