STEPHANIE von HAYEK: ALS DIE
TAGE IHR LICHT VERLOREN
Einem der düstersten Kapitel der Nazi-Herrschaft widmet sich Stephanie von Hayek mit
ihrem Debütroman Als die Tage ihr Licht verloren: der sogenannten Euthanasie.
Von den Planern wie den Ausführenden zynisch mit dem Decknamen Aktion
Gnadentod umschrieben, bedeutete er die Vernichtung sogenannten lebensunwerten
Lebens.
Allerdings stellt die Autorin nicht die bekannteren vieltausendfachen Fälle in den
Mittelpunkt, wo Missgebildete, Geisteskranke und Schwachsinnige jeden Alters als
nutzlose Esser getötet wurden. Bei ihr geht es um weitaus normalere
Betroffene mit oft nur vorübergehenden psychischen Störungen.
Eingangs werden dazu die Schwestern Gitte und Linda aus einer gutbürgerlichen Berliner
Familie vorgestellt. Sie arbeiten als Sekretärinnen, obwohl Gitte lieber Juristin
geworden wäre und die empfindsame Linda die künstlerische Ader ihrer Mutter geerbt hat.
Während sich der politische Himmel über Deutschland in diesen 30er Jahren drastisch
verdunkelt, lernt Linda den kunstfertigen Schuhmacher Erich Kupfer kennen.
Aus Verliebtheit wird schnell Liebe und bald heiraten die Beiden. Doch gleich zu
Kriegsbeginn wird Erich eingezogen und muss an die Front. Als Lindas viele Briefe
plötzlich unbeantwortet bleiben und sie auch nicht herausfinden kann, was passiert ist,
fällt sie in ein tiefes Loch. Aus dem sich bei der sensiblen jungen Frau eine schwere
Depression mit völliger Teilnahmslosigkeit entwickelt.
So etwas ist im Dritten Reich jedoch verpönt und es gibt nicht nur neue Ansichten über
den Umgang mit solcherlei Geisteskrankheiten, es gibt auch Neider und
Denunzianten. Und so wird auch Linda bald zur Behandlung der Aktion T 4 zugeführt, was
die Tarnorganisation 4 umschreibt, bei der solche unbrauchbaren Menschen beseitigt werden.
Als der Transport mit einem der als Reichspost-Transporter getarnten Lkw auch sie zur
Liquidierung von der Irrenastalt zur Endstation bringen soll, sitzt am Steuer eine der
historisch echten Gestalten dieses Romans, der SS-Mann Lorenz Hackenholt. Er machte im
Laufe des Kriges eine solch steiler Karriere, dass er nach dem Untergang des Dritten
Reichs als Kriegsverbrecher ganz weit oben auf der Fahndungsliste stand.
Hier aber im Winter 1940 passiert ein ebenfalls historisch echter schwerer
Unfall, bei dem Linda unter dramatischen Umständen fliehen kann. Eine Flucht, die umso
heikler wird, als längst niemand mehr wusste, wem er noch trauen konnte. Der Roman macht
es recht spannend, bietet aber leider keine Auflösung an. Gleichwohl geht er tief unter
die Haut, zumal man ja weiß, wie real das Alles ist. Zudem hat Stephanie von Hayek sehr
intensiv recherchiert mit schreibt mit sehr eigener souveräner Sprache und hervorragenden
Zeitkolorit.
Fazit: ein dunkler Roman und über ein ebensolches Thema, der weitgehend zu überzeugen
weiß.
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