HORST EVERS: „ES HÄTTE ALLES SO SCHÖN SEIN KÖNNEN“


Horst Evers hat seinen dritten Roman geschrieben und der Meister des feinsinnig beiläufigen und oft absurden Humors stürzt sich diesmal in die unfreiwilligen Abenteuer des eher unbedarften Teenagers Marco.
„Es hätte alles so schön sein können“ lautet der Titel und tatsächlich hat der 17-Jährige so seine Träume und Sehnsüchte. Die sich hier in Torfstede, dem mutmaßlich viertunbekanntesten Dorf Deutschlands, mit seiner tothosigen Idylle aber kaum verwirklichen lassen. Inmitten von Kleinbauern- und Hühnerhöfen gibt es für das brave behütete Einzelkind nur ein wirklich prickelndes Geheimnis: das „Village Rouge“.
Schon wie es zu der Entstehung dieses Landbordells kommen konnte, war eine typische Dorfintrige. Für Marco aber bietet es wunderbare Spekuliermöglichkeiten aus dem Gebüsch heraus. Hineingewagt hätte sich die Bangebüx natürlich niemals. Um so jäher wird er eines Tages aus der trägen Idylle seiner Unaufgeregtheit gerissen, als aus einem oberen Stockwerk des Puffs ein massiger Kerl in Schwarz fliegt und den Kopf voran aufschlägt.
Noch bevor Marco weiß, wie ihm geschieht, befindet er sich in einem hirnrissigen Dialog mit der verlockend schönen blauhaarigen Jana. Und hilft ihr bei der Beseitigung des Toten zunächst mal in den Kofferraum des 7er BMW des Schwergewichts. Inklusive des blutgetränkten Steins, auf den sein Schädel geknallt ist. Der Plan ist einfach und klar: die Leiche und der Wagen müssen weg und zur Sicherheit – um die spezielle Verbindung des Toten mit dem Puff zu verschleiern – in den Lappwald bei Wolfenbüttel. Zumal man dort eine feindliche Rockerbande mit dem Geschehen in die Schusslinie bringen könnte.
Marcos Lieblingsschulfreundin Mareike schließt sich ihnen unaufgefordert an und alles scheint seinen Gang zu gehen. Die unterm Sitz gefundene Tasche mit viel Geld und speziellen Utensilien erleichtert erst einmal das Vorhaben. Bis sie beim Einkauf der Werkzeuge zum Vergraben der Leiche eine ganz herbe Begegnung haben – mit „Sense“, einem gorillamäßigen Kerl, der den BMW genau kennt.
Und auch dessen Besitzer, den nun toten Rocker „Tonne“, aber leider weiß er ebenso von dessen Beute als Krediteintreiber. Damit wird es mächtig actionreich, immer anarchischer und nicht nur für den tolpatschigen Marco auch im wahrsten Sinne des Wortes von schmerzhaften Lebenserfahrungen begleitet. Nur wenn Ich-Erzähler Marco zwischendurch einige Abschweifungen aus der Familiengeschichte ausbreitet, gibt es mal entbehrliche langweilige Passagen.
Ansonsten aber zieht einen Horst Evers mit schrägem Witz, einem Bündel an Slapstick und solch kauzigen Überraschungen wie dem Auftauchen seiner Mutter mit Mathelehrer Schröder als Lover an einem Tatort durch eine hinreißend bekloppte Geschichte des Erwachsenwerdens. Da bleibt nur noch ein Wunsch offen: das muss unbedingt verfilmt werden!

# Horst Evers: Es hätte alles so schön sein können; 269 Seiten; Rowohlt Verlag, Berlin; € 20

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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