MICHELLE OBAMA: BECOMING.
MEINE GESCHICHTE
Michelle Robinson Obama war die erste schwarze First Lady der USA und wenn sie mit nun 54
Jahren ihre Autobiografie unter dem Titel Becoming. Meine Geschichte vorlegt,
muss man sich nicht wundern, dass dieses Buch sofort ein weltweiter Bestseller geworden
ist.
Wie nur wenige Frauen an der Seite eines US-Präsidenten war die Frau aus der ärmlichen
South Side von Chicago eine überzeugende und stilprägende Persönlichkeit im Weißen
Haus, die sich dank ihres Wirkens und Auftretens höchste Popularität erwarb. Hier nun
schildert sie ihren Weg aus einem bescheidenen aber liebevollen Elternhaus über
hochkarätige Jobs als Rechtsanwältin bis hin zu acht Jahren an der Seite des
mächtigsten Mannes der Welt.
Und sie tut es auf eben jene selbstbewusste und zugleich sehr menschliche und kein
bisschen abgehobene Weise, wie sie die Öffentlichkeit in all den Jahren stets erleben
durfte. Zugleich erzählt sie außerordentlich offen bis hin zu privaten Details, wie sie
auch weitaus weniger prominente Frauen kaum öffentlich äußern würden. Da hört man,
dass die beiden ehrgeizigen Eheleute durchaus eine Eheberatung in Anspruch genommen haben,
zumal beide durchaus streitbar sind.
Die Blicke hinter die Kulissen gehen sogar so weit, dass sie von einer Fehlgeburt spricht
und dass die Obamas ihre Töchter Malia (geboren 1998) und Sasha (2001) dann per
künstlicher Befruchtung gezeugt haben. Eingangs jedoch widmet sich Michelle Obama
zunächst ihren jungen Jahren, als sie dank hervorragender Schulleistungen einen
Studienplatz an der Elite-Universität Princeton ergatterte. Die Studentenschaft war dort
Anfang der 80er Jahre extrem weiß und männlich dominiert und erstmals wurde ihr die
Ausnahmestellung der kaum neun Prozent schwarzer Studenten bewusst: Wie Mohnsamen in
einer Schüssel Reis. Immerhin erwarb sie hier einen einen Bachelor-Grad und an der
ebenfalls hochkarätigen Harvard Law School promovierte sie anschließend in Jura und
begann ihre Karriere in angesehenen Rechtsanwaltskanzleien.
Dort begegnete ihr auch ihr künftiger Ehemann Barack Obama, dessen volltönender Bariton
sie sofort berührt habe. Es liest sich höchst interessant, wie die Annäherung der
Beiden vor sich ging und wie der große, liebenswürdige Workaholic sie nach
einem erneuten Disput über den Sinn der Ehe mit einem Verlobungsring überraschte. Ihre
Ausführungen über die Heirat, die Kinder und schließlich Baracks Einstieg in die hohe
Politik eröffnen manchen sehr menschlichen Einblick in ein Leben, für das Michelle oft
genug zurückstecken musste.
Vieles erfährt man aus dem sehr speziellen Leben einer First Lady, wobei gerade sie
dieses offiziell gar nicht existierende Amt in besonderer Weise prägte. Da hinein gehört
auch die ein oder andere Anekdote wie jene, als die kleine Queen Elizabeth II. mit der
groß gewachsenen Präsidentengattin so herzlich scherzte, dass die entgegen jeder
Etikette der Monarchin den Arm um die Schulter legte. Was selbstverständlich ungerügt
blieb.
Natürlich bleibt der Wechsel zum jetzigen Präsidenten nicht ohne Kommentare, relativ
dezent aber eindeutig bis unüberhörbar entsetzt über die dauernden Stilbrüche. Wobei
Michelle Obama sich über die Schmähungen wegen der angeblich unamerikanischen Herkunft
seines Vorgängers besonders empört äußert, denn solche Äußerungen stellten eine
unverzeihliche Gefährdung der Sicherheit Barack Obamas dar.
Am Ende dieser Memoiren dürften sich noch mehr Menschen inständig wünschen, dass diese
ebenso kluge und integre wie auch charmante Frau eines Tages im Weißen Haus sitzen möge.
Das aber wird mit größter Wahrscheinlichkeit nicht geschehen, denn abschließend macht
Michelle Obama unmissverständlich klar: Weil ich so oft gefragt werde, sage ich es
hier jetzt ganz klar: Ich habe nicht vor, jemals für ein offizielles Amt zu kandidieren.
Ich war nie eine große Freundin der Politik, und meine Erfahrungen in den letzten zehn
Jahren waren nicht dazu angetan, etwas daran zu ändern.
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# Michelle Obama: Becoming. Meine Geschichte (aus dem Amerikanischen von
Harriet Fricke, Tanja Handels, Elke Link, Andrea O'Brien, Jan Schönherr und Henriette
Zeltner); 544 Seiten, div. Abb.; Goldmann Verlag, München; 26 WOLFGANG
A. NIEMANN (wan/JULIUS) |
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