HOMER HICKAM: „ALBERT MUSS NACH HAUSE“


Roadmovie mit Alligator und Hahn, so könnte man Homer Hickams neuen Roman „Albert muss nach Hause“ umschreiben. Doch die wahrhaft kauzige Abenteuergeschichte aus dem 30er Jahren mitten in der Depressionszeit, die der preisgekrönte US-Autor mit so vielen Wendungen erzählt, ist gar nicht erfunden.
War sein erster große Erfolg „Rocket Boys“ noch autobiografisch, so handelt es sich diesmal um eine wahre Episode aus dem Leben von Homer und Elsie Lavender Hickam, seinen leibhaftigen Eltern. Zwar hatte der erst Jahre danach geborene Autor schon als Junge die ein oder andere eher unwahrscheinliche Bemerkung gehört – zum Beispiel dass seine Mutter früher mal bei einem Tarzan-Film mitgewirkt habe – so erfuhr er erst als Erwachsener von dem verrückten Trip mit Albert, dem freundlich grinsenden Alligator.
Homer Hickam der Ältere war Bergarbeiter in der schäbigen Minenstadt Coalwood, West Virginia, als er die bildhübsche Elsie ehelichte. Was von ihrer Seite nicht auf der ganz großen Liebe beruhte, denn irgendwie hatte sie größere Träume. Zudem hatte sie eine Zeitlang im viel schöneren Florida gelebt und sich dort in den angehenden Filmschauspieler Buddy Ebsen (1908-2003) verliebt – eine der vielen echten Personen des Romans.
Dieser Buddy hatte dann die seltsame Idee gehabt, als Hochzeitsgeschenk den noch kleinen Alligator Albert zu schicken. Elsie und Albert mochten einander sofort, Homer dagegen konnte die beißfreudige Echse überhaupt nicht leiden. Und er fordert schließlich seine Entfernung. Schweren Herzens lässt sich Elsie darauf ein, nutzt jedoch die Chance, um für ein paar Wochen aus dem verabscheuten Coalwood herauszukommen. Dazu stellt sie eine Bedingung: wenn Albert schon weg muss, dann zurück in seine heimischen Florida-Sümpfe. Und natürlich müssen sie ihn persönlich dort hinbringen.
Homer lässt sich darauf ein, sie packen ihren alten Buick und zu Albert, angeschnallt auf dem Dach, gesellt sich auch noch ein Hahn. Was für ein paar Wochen geplant ist, wird allerdings eine immer wildere Sache, die sich am Ende über Monate hinzieht. Und voller schräger Ereignisse steckt, denn sie erleben Streiks, Gauner, Autojagden mit der Polizei und sogar einen veritablen Hurrikane. Immer öfter werden die Beiden auf ihrem Trip aus der Bahn geschleudert und immer bunter die Erinnerungen, die Homer jr. dann viel, viel später niederschreiben darf.
Irgendwie kommen sich die Eheleute bei all dem auch einander wieder näher und das, obwohl sie in Florida schließlich sogar dem – realen – Buddy Ebsen begegnen. Aber zwischendurch kommt es auch zu zu Kurzauftritten solch aufstrebender Literaten wie John Steinbeck und Ernest Hemingway. Und natürlich gibt es ein Happyend, sonst gäbe es ja auch nicht den erzählenden Sohn und dessen Bruder. Was das Alles aber erst zu diesem hinreißenden Roman nach Tatsachen macht, ist außer den gediegenen Charakteren diese handfeste, schnörkellose Art des Erzählens mit viel Sympathie und noch viel mehr herrlich verdrehtem trockenen Humor.
Es mag sich nicht alles ganz genau so abgespielt haben, eine warmherzige und absolut filmreife Geschichte aber ist „Albert muss nach Hause“ auf jeden Fall und eine wunderbare Liebeserklärung eines Sohnes an seine Eltern obendrein.

# Homer Hickam: Albert muss nach Hause. Die irgendwie wahre Geschichte eines Mannes, seiner Frau und ihres Alligators (aus dem Amerikanischen von Wibke Kuhn); 528 Seiten; Harper Collins Verlag, Hamburg; € 19,90


WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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