CATHARINA INGELMAN-SUNDBERG:
JETZT KRIEGT JEDER WAS AB
In ihrem herzerfrischend unkorrekten Roman Wir fangen grad erst an hatte
Catharina Ingelman-Sundberg fünf Senioren zu einer Art gerontokriminellen Gang werden
lassen. Frustriert und immer wieder auch gedemütigt im tristen Altenheim
Diamant hatten sie sich schließlich mit einem abenteuerlichen Plan und
ein wenig an die Bremer Stadtmusikanten erinnernd mit aberwitzigen Verbrechen eine
Menge Freiheit und einiges an heimlichem Wohlstand ergaunert.
Doch was haben sie schon zu verlieren und schließlich heißt ihr Wahlspruch, dass man
nicht lebt, wenn man sich langweilt. Obendrein hat das kauzige Quintett längst
Robin-Hood-Allüren entwickelt. Bei allem neuen Wohlleben unterstützen sie auch
Hilfsbedürftige ohne sich selbst dabei zu vergessen. Da man dafür aber nie genug
Geld haben kann und sie sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt haben, verlassen sie erst mal
ihre schwedische Heimat und düsen ins Spielerparadies Las Vegas.
Sie, das sind Märtha, entscheidungsfreudig, sportlich und mit 79 gewissermaßen das
Küken der Gang, Anna-Greta die Finanzkundige, die gebildete aber schüchterne Stina sowie
die Kavaliere mit den Spitznamen Kratze und Snille. Der Titel der Fortsetzung lautet
Jetzt kriegt jeder was ab und ist durchaus zweideutig, die Verteilung der
Chuzpe aber liegt eindeutig bei den Fünfen.
Gleich der Einstieg ist voller Situationskomik und Pfiffigkeit, wenn sie vor dem clever
geplanten Coup im Spielcasino quasi im Vorbeigehen und ganz unbeabsichtigt Juwelendieben
die mit Diamanten gefüllten Hundehalsbänder abnehmen. Wie sie dann mit frisierten
Elektrorollstühlen, einem ausgehusteten Gebiss und gekonnt vorgegaukelter Tüdeligkeit
dick absahnen, das strotzt vor filmreifem Slapstick. Genüsslich nutzen sie eben die
Vorteile aus, wenn man als alt, doof und harmlos angesehen wird.
Wegen der subtil eingeflochtenen Kritik an den Verhältnissen für alte Menschen auch im
sozialen Schweden mit manch angeprangerten Bedürftigkeiten haben die Fünf eine Art
Hilfsfond aufgelegt. Wenn ihre hehren Ziele aber trotz immer neuer Gaunereien ständig nur
unvollständig bedient werden, hat das mit einem vertrackten Problem zu tun: so
fantasievoll und raffiniert sie auch im Beschaffen von Geld, Diamanten und anderem
Diebesgut sind ihr Umgang mit der jeweiligen Beute lässt zu wünschen übrig.
Da gehört es zu den dummen Zufällen, wie sie das Leben eben so offeriert, dass sie
entweder etwas selber verpatzen oder an Zeitgenossen geraten, die ihnen unverfroren das
mühsam Ergatterte wieder abnehmen. Entsprechend wendungsreich und voller Überraschungen
bleibt auch dieser Roman um das ganz und gar filmreife Quartett, dem man bei sämtlichen
Missetaten herzlich gern die Daumen drückt. Und natürlich ist auch diese leichtfüßige
Fortsetzung wieder ebenso rasant wie charmant geschrieben.
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