EVA BARONSKY: „MANCHMAL ROT“


In Eva Baronskys neuem Roman „manchmal rot“ finden ein Frankfurter Wirtschaftsjurist mit weltweiten Erfolgen und eine naive Putzfrau aus dem sogenannten Prekariat zusammen und verändern die jeweilige Zukunft des Anderen. Hört sich zunächst nach einer „Pretty Woman“-Romanze an, ist aber ein eher bittersüßer Roman über den Zusammenprall von Parallelwelten.
Der Spitzenjurist Christian von Söchting, schon mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund geboren, arbeitet gerade an einem ganz großen internationalen Deal. Zu den üblichen Problemen eines Jet-Setters wie ihm wie die Elektronikmalessen am Porsche oder die Unterbringung von Schwarzgeld-Millionen des Vaters in der Schweiz ist bei ihm momentan eines hinzugekommen, das ihn nicht nur ärgert sondern sogar gefühlsmäßig berührt: seine Freundin Charlotte hat ihn wegen eines Kunstprofessors verlassen.
Angelinas Problemlage ist eine ganz und gar andere, denn sie wird von Mutter und Freundin getriezt und vom Freund nicht ernst dafür aber ausgenommen. Ihre Putzstelle bei von Söchting ist nur eine von mehreren, allerdings ergeben sich gerade in seiner luxuriösen Wohnung mit Blick auf den Main immer wieder Probleme mit seinen peniblen Arbeitsanweisungen, denn zum bescheidenen IQ kommt bei ihr auch noch eine solch starke Lese- und Schreibschwäche, dass sie seine Zettel per Handyfoto an die Freundin schicken muss, damit diese sie ihr vorliest.
Dann jedoch passiert es: Angelina stürzt nach einem Stromschlag von der Leiter und bleibt bewusstlos liegen. Was aber soll Christian von Söchting machen, als er heimkommt und die blutende Putzfrau vorfindet?! Schließlich beschäftigt er sie schwarz und das könnte für sein berufliches Renommee ähnlich unangenehm werden wie Schwarzgeld und illegale Provisionen.
Prompt sieht er sich gezwungen, sich um Angelina zu kümmern und sie sogar erstmal bei sich aufzunehmen. Zuvor aber stellt sich im Krankenhaus nicht nur heraus, dass sie eine totale Amnesie erlitten hat, der Stromschlag hat offenbar auch ungeahnte Talente freigesetzt bis hin zum gehobenen Klavierspiel. Und das Lesen und Schreiben bringt sich die in erstaunlicher Weise selbstbewusst werdende junge Frau im Nu selbst bei.
Der wahre Clou aber ergibt sich beim ersten Zusammenleben, denn die bisher so schüchterne und einfache „Putze“ lässt sich nicht mehr alles gefallen. So sehr sie ihn auch nervt und er sie loswerden möchte – sie hat dummerweise Dinge in seiner Wohnung entdeckt, die auf keinen Fall publik werden dürfen. Doch es bahnt sich ohnehin eine seltsame Beziehung zwischen ihnen an, zumal Christian ohne es recht zu wollen immer mehr Vorzüge an ihr feststellt.
Die Annäherung geht zwar sehr weit, doch er will all das neue Angenehme auch noch mit etwas Nützlichem verbinden. Da sind immer noch die Schwarzgelder und die Ex-Putzfrau könnte sehr hilfreich bei deren Verbringung sein. Und man ahnt es fast – ein zuckersüßes Happyend à la „Pretty Woman“ wird damit eher unwahrscheinlich.
Bis dahin jedoch fesselt dieser ebenso intelligente wie tiefgründige Roman bei aller Märchenhaftigkeit vor allem auch dank der komplexen Perspektivenwechsel zwischen dem narzisstischen Anwalt und der aufblühenden Frau aus einfachen Kreisen. Zum hohen anspruchsvollen Lesevergnügen trägt aber auch die elegante Sprache mit ihren Szenen voller Esprit bei und dass das Ganze absolut filmreif ist, ergibt sich quasi von selbst.

# Eva Baronsky: manchmal rot; 349 Seiten; Aufbau Verlag, Berlin; € 19,95

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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