BERND FUHRMANN: HINTER FESTEN MAUERN“


Städtisches Wohnen ist längst zur überwiegenden Lebensform nicht nur in Europa geworden, dominante Wohnform ist es jedoch erst seit dem 19. Jahrhundert. Die Wurzeln des modernen Europa liegen gleichwohl in den Städten und dies etwa seit dem Mittelalter. Dieser Entwicklung widmet sich mit Bernd Fuhrmann ein ausgewiesener Fachmann, seines Zeichens Professor für Geschichte mit den Schwerpunkten Stadtgeschichte sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters an der Universität Siegen.
„Hinter festen Mauern. Europas Städte im Mittelalter“ hat er seinen hochwertig und mit vielen zielführenden Abbildungen gestalteten Textbildband überschrieben. Nachdem er eingangs erklärt, was überhaupt unter dem Begriff Stadt zu verstehen ist, geht Fuhrmann in großen Kapiteln jahrhunderteweise vor und beginnt dazu mit dem Frühmittelalter. Nach Ausführungen zur politischen Entwicklung seit dem 3. Jahrhundert konzentriert er sich insbesondere auf die Epoche vom 10. bis zum 16. Jahrhundert, zu dessen Eintritt immerhin bereits an die 20 Prozent der Menschen in Städten lebten.
Ausgehend von städtischen Gemeinschaften früher Hochkulturen am Nil, an Euphrat und Tigris oder dem Jangtsekiang bildeten sich besonders im römischen Herrschaftsgebiet ähnliche von Mauern umschlossene und geschützte Gebilde heraus. Als Beispiele urbaner Entwicklungen dienen hier Städte, die schon in der Frühzeit europäischer Stadtwerdung eine große Rolle spielten, sei es in Norditalien, den Niederlanden oder Metropolen wie Paris, London oder Köln. Diese von den Römern gegründete Stadt am Rhein erblühte im ausgehenden Mittelalter als bedeutende Handels- und Gewerbestadt.
Nürnberg ist ein anderes wichtiges Beispiel und als ein Faszinosum herausragender Art erscheint schließlich Augsburg, das dank solcher Handels- und Geldhäuser wie die der Fugger und der Welser zeitweilig zu einem Zentrum Europas aufstieg. Handelswege, Marktgeschehen und Warenaustausch waren stets an Flüsse oder den Zugang zum Meer gebunden, weshalb die am wirksamsten prosperierenden Städte eine entsprechende geografische Lage an derartigen Lebensadern aufwiesen. So erklärt sich hier auch die weitverzweigte Wirtschaftsmacht der Hanse vom 12. bis zum 17. Jahrhundert.
Doch der Historiker zeigt auch die Bedeutung des Wandels des Stadtbegriffs für die Kultur und noch mehr für die gesellschaftliche Entwicklung auf. Vom Aufkommen von Universitäten, vom Bau prächtiger Rathäuser und schließlich dem Aufkommen eines selbstbewussten – und oft auch machtbewussten – Bürgertums bis zur späteren Industrialisierung reicht der spannende Bogen dieser einzigartigen und absolut wissenschaftlich fundierten Entdeckungsreise zu den Wurzeln des modernen Europa. Fazit: ein großartiges Sachbuch insbesondere für den anspruchsvollen interessierten Laien.

# Bernd Fuhrmann: Hinter festen Mauern. Europas Städte im Mittelalter; 288 Seiten, ca. 200 Abb., Großformat; Theiss Verlag, Darmstadt; € 49,95


WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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