ALISSA NUTTING: „TAMPA“


Wem Romane wie die „Feuchtgebiete“ zu schmuddelig unerotisch sind und wer sich bei den sterilen Erfindungen der „50 Shades of Grey“ eher gelangweilt hat, der wird bei Alissa Nuttings Debütroman „Tampa“ in ganz andere Dimensionen geführt. Im Mittelpunkt steht hier die Junglehrerin Celeste, die ein einziges ganz großes Problem hat: sie steht auf Jungs, deren Pubertät gerade erst richtig erblüht.
Die 26-Jährige unterrichtet an der Tampa Junior Highschool, sieht jünger und sehr sexy aus. Verheiratet ist sie mit dem bulligen Ford Price, den Sex mit ihm verhindert sie unter Vorschützen von Kopfschmerzen oder indem sie ihm Schlafmittel ins Bier schüttet. Sie könnte die tollsten Männer haben, doch richtige Männer ekeln sie schon geruchsmäßig an. Was sie total anmacht, ist der Duft pubertierender Jungs so etwa ab 14 Jahre.
Die baggert sie nach Dienstantritt sogleich an und ihr Beuteschema liegt auf den schüchternen, noch ungelenken und wenig behaarten. Da wird sie zur höchst fantasievollen Sexualkundelehrerin und das Sperma eines Achtklässlers wird ihr nicht nur zum Aphrodisiakum sondern obendrein zum Anti-Aging-Mitteln in ihrem ganz persönlichen Jugendwahn. Sie suhlt sich quasi im Teenagerschweiß, denn ohne die tägliche juvenile Triebabfuhr wälzt sie sich nachts in einer „erregten Endlosschleife lautloser Selbstbefriedigung“.
In ihrer psychopathischen Sucht nach „Frischfleisch“ geht sie nicht nur ebenso raffiniert wie gefühlskalt vor, beim besonders als Objekt ihrer hemmungslosen Begierde geschätzten Jack geht sie sogar so weit, dass sie sich auf Grapschereien seines geilen Vaters einlässt, nur um den variantenreichen Sex mit dem Jungen ungehindert genießen zu können. Doch ihre Unersättlichkeit macht sie auch unvorsichtig, so dass es zu einer kleinen Katastrophe kommt.
Schließlich ist auch weibliche Pädophilie in den meisten Ländern strafbar und die junge Autorin hat ganz offensichtlich auf den echten Fall der Junglehrerin Debra Lafave abgehoben, die 2005 wegen Unzucht mit Minderjährigen in den USA vor Gericht stand. Auch bei Ich-Erzählerin Celeste kommt es natürlich im Prozess zu der kontroversen Frage, inwieweit sich Teenager geschädigt fühlen können, wenn sie von einer „heißen Braut“ einige hochwillkommene Lehrstunden erhalten. Entsprechend tendiert denn auch das Schuldbewusstsein Celestes ganz stark gegen Null. Und nach dem Knast – wie der Volksmund weiß, lässt die Katze das Mausen nicht.
Da treffen dann Nabokovs lüsterne und gänzlich schuldunfähige Lolita und der Ton des moralfreien Bret Easton Ellis zu einem provokanten Porno-Roman zusammen, der die aktuellen Schmuddel- und SM-Versuche anderer Erfolgsautorinnen hausbacken aussehen lässt.

# Alissa Nutting: Tampa (aus dem Amerikanischen von Verena von Koskull); 288 Seiten; Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg;: € 19,99

WOLFGANG A. NIEMANN  (wan/JULIUS)

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