ASHLEY ELSTON: „SPURLOS“


Es ging ihrer Familie gut und auch sie selbst als Teenager hatte bis zu ihrem 17. Lebensjahr ein normales angenehmes Leben. Jetzt aber heißt sie Megan Rose Jones, hat eine unmögliche Frisur und Haarfarbe, trägt andersfarbige Kontaktlinsen und – das ist bereits die sechste neue Identität am sechsten anderen Ort in den letzten acht Monaten. Wie ihre Eltern und die elfjährige Schwester ist sie eine sogenannte Schutzperson.
Aus dieser Situation hat Ashley Elston den hochspannenden Jugendroman „Spurlos“ gemacht, in dem Meg als Ich-Erzählerin schildert, was es heißt, in einem Zeugenschutzprogramm zu stecken. Die Regeln, die die Agenten ihnen vorgeben – Meg nennt sie wegen ihrer aalglatten Erscheinung wenig freundlich „die Anzüge“ - fordern unter anderem: keine Freundschaften schließen, niemandem vertrauen und niemals das Internet benutzen.
Trotzdem kann jedes laute Geräusch in der Nacht bedeuten, dass die Anzüge ohne Vorwarnung wieder vor der Tür stehen, um die Familie Hals über Kopf an einen anderen Ort und in eine neue Identität zu verfrachten, weil es nötig erscheint. Längst hat Meg Alpträume, die kleine Schwester spricht kaum noch und die einst lebenslustige Mutter versinkt deprimiert im Alkohol. Und einmal mehr ist die neue Zuflucht alles andere als heimelig, das Geld ist knapp und das Gefühl der ständigen Unsicherheit ungebrochen. Wieder müssen sie neue Identitäten erlernen und als die Agentin Megs Umwandlung durchgeführt hat, stellt diese deprimiert fest: „Ich bin tatsächlich verschwunden.“
Doch diesmal will sie es nicht mehr länger hinnehmen, dass ihr Vater düster vor sich hin schweigt, statt endlich zu erklären, was der Grund für dieses zerstörerische Eintauchen in dauernde Parallelidentitäten ist. Für was war er ein gefährlicher Zeuge, oder war er gar selbst in Kriminelles verwickelt? Da ist es schon hilfreich, dass Meg an der Highschool hier im ländlichen Natchitoches/Louisiana den liebenswürdigen Ethan kennenlernt und sich in ihn verliebt.
Der junge Mann merkt schon bald, dass etwas nicht stimmt mit Meg. Als sie schließlich gemeinsam die Wahrheit erzwingen wollen, wird es lebensgefährlich brenzlig – mehr aber sei hier nicht verraten von diesem rasanten und durchweg fesselnden Geschehen. Meg erzählt das Alles in rauem und sarkastischen Ton und sehr treffsicher. Zur Klasse dieses Jugendromans tragen vor allem aber auch die hervorragenden Charakterzeichnungen bei. Das hat dann obendrein Roadtrip-Elemente, während der romantische Part sich in dezenten Grenzen hält.
Fazit: ein brisantes aber nur vage bekanntes Phänomen wird hier ebenso realistisch wie absolut filmreif präsentiert und wird nicht nur junge Leser ab 14 Jahre begeistern. Und es gibt sogar eine Andeutung im Finale, die eine Fortsetzung erhoffen lässt.

# Ashley Elston: Spurlos (aus dem Amerikanischen von Elisa Martins); 367 Seiten; Mixtvision Verlagsgesellschaft, München; € 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)


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