JOE JACKSON: "ATLANTIKFIEBER"


Als Charles Lindbergh (1902-1974) im Mai 1927 als Erster den Non-Stop-Flug über 5800 Kilometer von New York nach Paris schaffte, wurde er damit zum weltweit umjubelten Star. 33 Stunden und 30 Minuten war er mit der einmotorigen "Spirit of St. Louis" unterwegs gewesen.
Dies und jedes noch so kleine Details des amerikanischen Helden und seines Fluges wurden seither mit unzähligen Publikationen gefeiert, schließlich war er der Gewinner dieses Atlantik-Rennens. Aber - er war damals ja nicht der Einzige, der diese Heldentat wagte, nur sind seine Rivalen fast durchweg zu Fußnoten der Geschichte degradiert worden. Das mag ungerecht sein, ist aber auch der Medienhysterie geschuldet, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts ähnlich hitzige Höhen erklommen hatte wie die noch junge Fliegerei.
Nun widmet sich der US-Sachbuchautor Joe Jackson dem gesamten Wettbewerb mit dem Buch "Atlantikfieber". Dessen Ursprung setzte 1919 ein, als Raymond Orteig, Inhaber des New Yorker Hotels "Lafayette" für den Direktflug New York-Paris oder umgekehrt ein Preisgeld von 25.000 Dollar auslobte, auf heute umgerechnet etwa 250.000 Euro. Die noch blutjunge Fliegerei hatte zwar im Ersten Weltkrieg mit etlichen Rittern der Lüfte bewiesen, dass sie keine unnütze Verrücktheit war, technisch aber waren die Maschinen noch nicht wirklich atlantiktauglich.
Bis zum großen Rennjahr 1927 waren die Entwicklungen jedoch weit fortgeschritten, während zugleich die Weltöffentlichkeit nach immer neuen Sensationen gierte. Vom 14. April bis zum 21. Mai lieferten sich dann 16 Piloten einen großen Wettkampf: 10 Amerikaner, 4 Franzosen sowie ein Norweger und ein Russe. Unter Lindberghs Konkurrenten befanden sich Berühmtheiten wie der französische Kampfpilot René Fonck und der amerikanische Polarforscher Richard Byrd, der angeblich 1926 den Nordpol überflogen hatte.
In dieser illustren Schar tummelte sich mit der 24-jährigen Ruth Elder sogar eine attraktive Frau. Sie scheiterte zwar erst vor den Azoren, doch half ihr der spektakuläre Einsatz bei ihrer Karriere als Hollywood-Schauspielerin. Wie zu ihr beschreibt Jackson jeweils die Lebensumstände und die näheren Details des Rekordversuchs. Den immerhin mehrere mit dem Leben bezahlten, während es bei anderen lediglich zu teils skurrilen Erlebnissen kam. Lindbergh übrigens war in den Reihen dieser Wagemutigen eher ein Underdog und Außenseiter.
Das Alles liest sich sehr unterhaltsam, zumal auch das Zusammenspiel von Technik, Innovation und viel Zeitgeist breiten Raum findet, so dass hier auch technisch weniger Bewanderte eine spannende Lektüre finden. Und Jackson gebührt das Verdienst, auch den vergessenen Flugpionieren zur Erinnerung zu verhelfen. Einziges Manko dieses Buches: es gibt zwar etliche Abbildungen, allerdings keine von den eingesetzten Flugmaschinen.

# Joe Jackson: Atlantikfieber. Lindbergh, seine Rivalen und der Wettflug über den Ozean (aus dem Amerikanischen von Rudolf Mast); 733 Seiten, div. Abb.; Mare Buchverlag, Hamburg; € 26

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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