FREDERICK FORSYTH: "DIE TODESLISTE"

"Der Prediger. Identifizieren. Lokalisieren. Eliminieren." So lautet die knappe Order des Präsidenten nach der jüngsten Überarbeitung der streng geheimen Liste der gefährlichsten Feinde der USA. Es gibt sie wirklich, diese Todesliste, man denke nur an das Todeskommando, das Osama bin Laden in jahrelanger Recherche aufspürte und in einem Spezialeinsatz tötete.

"Die Todesliste" heißt auch der jüngste Roman von Altmeister Frederick Forsyth, der damit ein atemberaubendes Stück aktuellster Realität einfängt. Gerade haben Einsatzkommandos der Navy Seals in Libyen und Somalia zugeschlagen und weltweit ging der Anschlag der al-Schabaab-Milizen in Nairobi durch die Medien - einer Terrorgruppe aus Somalia, die der britische Thriller-Experte hier als bisher kaum bekanntes Pendant zu al-Quaida in den Mittelpunkt rückt.

Alles beginnt mit einer unheimlichen Mordserie in den USA und Großbritannien, wo Vertreter des öffentlichen Lebens ermordet werden. Erst zögerlich erkennt man die entscheidende Gemeinsamkeit der Taten: jeweils wurden einzelne junge Männer mit islamischem Hintergrund tätig, nachdem sie bis kurz vorher ein durchschnittliches Leben führten, nun aber als Selbstmordkiller auftreten. Und die erschreckende Erkenntnis ist, dass da, wo bin Laden ein extrem cleverer charismatischer Terror-Organisator war, die Befehle jetzt von einem Mann kommen, der eine noch schlimmere Bedrohung darstellt.

Der Prediger wird er genannt, weil man seine Identität nicht kennt. Er organisiert den Terror nicht, er infiziert mit seinen weltweit im Internet verbreiteten Mordaufrufen gegen jegliche Feinde des wahren Glaubens reihenweise normale Muslime zu sorgfältig vorbereiteten kaltblütigen Exekutionen. Der Maskierte mit den bernsteinfarbenen Augen ist damit zum gefährlichsten Feind der freien westlichen Welt geworden. Doch die Nummer Eins auf der Todesliste des Weißen Hauses hat keinen Namen, kein Gesicht, keinen Aufenthaltsort.

Aber er bekommt einen unerbittlichen Jäger auf die Fersen gesetzt, als nun Ex-Marine Kit Carson von der geheimen Militär-Abteilung TOSA die Order zur Beseitigung bekommt. Und nicht umsonst lautet sein Deckname "der Spürhund". Er ist kein 007, doch er weiß die besten Experten für sich zu rekrutieren. Unter denen mischt ein Mossad-Agent in riskanter Wüstenmission ebenso mit wie ein ziemlich gestörter Teenager, der allerdings als genialer Cyber-Nerd für entscheidende Fortschritte sorgt.

Wie immer hat Forsyth intensiv recherchiert und auch seine guten Kontakte zu Geheimdienstkreisen eingesetzt. So hat dieser Roman wenig Agentenromantik zu bieten, dafür um so mehr an realem Antiterror-Handeln von den legendären Aufspürfähigkeiten per Drohnen und Computern bis hin zu konkreten Kommandoeinsätzen, für die Landesgrenzen und Rechtstaatlichkeit als ähnlich unbeachtlich gelten wie für den islamistischen Terrorismus.

Wie man einen Hassprediger erst virtuell und dann physisch erledigen kann, dessen Vorsicht an Paranoia grenzt, das hat Forsyth zu einem hochspannenden Thriller verdichtet, der gerade durch seine kühle Sachlichkeit überzeugt. Und wer das Alles trotzdem für gut erfundene Fiktion hält, sei noch noch einmal an die aktuelle Berichterstattung der letzten Wochen erinnert über al-Schabaab-Milizen und Kommando-Einsätzen der Navy Seals zum Einfangen von Top-Terroristen...

 

# Frederick Forsyth: Die Todesliste (aus dem Englischen von Rainer Schmidt); 319 Seiten; C. Bertelsmann Verlag, MÜnchen;

€ 19,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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