J. COURTNEY SULLIVAN: "SOMMER IN MAINE"

Jeden Sommer genießt die Familie Kelleher das idyllisch gelegene Ferienhaus an der beliebten Neuenglandküste im nordamerikanischen Maine. 1945 hatte das frisch verheiratete Ehepaar Dan und Alice das damals noch spottbillige Grundstück bei einer Wette gewonnen und später neben das Holzhaus ein richtiges Wohnhaus gebaut, in dem inzwischen verwitwete Alice als Familienoberhaupt lebt.

In diesem Sommer Anfang des neuen Jahrtausends aber wird einiges anders als gewohnt und davon erzählt "Sommer in Maine", der Debütroman von J. Courtney Sullivan. Über die Jahrzehnte ist die Familie auf viele Köpfe angewachsen, die jeweils im Juli herbeikommen. Unter der Fuchtel der noch immer sehr selbstbewussten Alice rummeln sich unter anderem Tochter Kathleen, deren Schwägerin Ann Marie und Enkelin Maggie sowie zahlreiche Nicht und Neffen.

Konflikte brodeln auch diesmal bald hoch, denn vor allem die vier Frauen sind in gewissem Sinne weibliche Platzhirsche, die allenfalls der Hang zum Alkohol und manche neurotische Macke eint. Jede hat so ihre Geheimnisse und bei Kathleen, die eine Art Hippie-Dasein im fernen Kalifornien führt, ist es regelrechter Hass auf die Familie. Wenn es trotz viel unterdrückter Giftigkeit nicht zu heftigen Streitereien kommt, dann in erster Linie, weil jede von ihnen die offene Auseinandersetzung scheut.

Dennoch hilft alle mühsame Zurückhaltung diesmal nicht lange, denn die Jüngeren sind ja auch gekommen, weil es hier um ein Erbe geht, das inzwischen einen Millionenwert hat. Und da macht die trotz ihrer über 80 Jahre noch immer scharfzüngige und oft sarkastische Patriarchin allen einen völlig unerwarteten Strich durch die Rechnung. Aus einem Schuldgefühl aus ihrer Jugend heraus und angeheizt von einem wahren Religionsfimmel will sie das Anwesen der katholischen Kirche vererben.

Dass das Sprengstoff für diese in sich ohnehin längst zerrüttete Familie ist, liegt auf der Hand. Niemand kommt am Ende wirklich gut dabei weg. Dass das Alles dennoch ein ebenso spannendes wie oft genug auch vergnügliches Lesevergnügen ist, liegt an den Perspektivwechseln, bei denen die vier kraftvoll ausgemalten Frauencharaktere abwechseln erzählen und dadurch viel Farbe ins Geschehen bringen. Auch wenn das schließlich keine große Literatur ist, als Lesestoff insbesondere für einen Urlaub in ähnlich schönen Gestaden eignet es sich auf jeden Fall.

 

# J. Courtney Sullivan: Sommer in Maine (aus dem Amerikanischen von Henriette Heise); 512 Seiten; Deuticke Verlag, Wien; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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