REGINALD HILL: "RACHE VERJÄHRT NICHT"

Vor allem seine Romane um die urigen Ermittler Dalziel und Pascoe im englischen Yorkshire haben Reginald Hill (1936-2012) auch bei uns eine große Fan-Gemeinde eingebracht. Sein letzter Roman unter dem Titel "Rache verjährt nicht" ist allerdings ein Solitär und mit einer Besonderheit: der virtuose Autor nahm sich den "Grafen von Monte Christo" von Alexandre Dumas als Grundlage dieser Geschichte.

Ein großes Vorbild, doch es sei vorweg gesagt, dass das Wagnis großartig gelungen ist. Hill schuf einen sehr realen heutigen Krimi, in dem es eher noch hinterhältiger und schicksalhafter zugeht als beim Original von damals. Im Mittelpunkt steht Sir Wilfred-Wolf Hadda, dem man den Titel allerdings aberkannt hat, nachdem er wegen eines pädophilen Verbrechens zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.

Stets hat Hadda seine Unschuld beschworen, doch die Beweise waren erdrückend. Er ahnt, wer ihn in seiner Existenz vernichtet hat, warum er das selbst erarbeitete Vermögen verlor wie auch seine Ehefrau Imogen an seinen ehemaligen Anwalt. Nur eine scheint ihm wirklich helfen zu wollen, seine junge Gefängnispsychologin Dr. Alva Ozigbo. Insgeheim sinnt Hadda auf Rache und ihm eröffnet sich schließlich ein widerwärtiger Weg, vorzeitig in Freiheit zu kommen - indem er die Tatvorwürfe doch noch einräumt und sich um eine positve Prognose der Psychiaterin bemüht.

Nach sieben Jahren endlich heimgekehrt in seine ländliche Heimat Cumbria im Norden Englands, schlägt ihm massive Ablehnung entgegen, gleichwohl startet er seinen Vergeltungsfeldzug. Und jeder, der an dieser perfiden Verschwörung beteiligt war, muss Schlimmes befürchten. Auch Alva Ozigbo ahnt das und stellt eigene Recherchen an, bei denen sie tatsächlich auf Merkwürdigkeiten stößt. Hadda aber macht sich auf den Weg, um seine Peiniger, Drahtzieher und Mitschuldige zu treffen, und für ihn als den Holzfäller, der er in seiner Jugend war, spielt eine Axt eine gewichtige Rolle

Doch Hill war ein viel zu smarter Virtuose für einfache Lösungen und so lässt er den Leser ein ums andere Mal in die falsche Richtung denken. Und selbst wenn es ums Töten geht, muss nicht in jedem Fall Hadda der Henker gewesen sein. Das ist raffiniert und wendungsreich geschrieben, dabei aber stets von souveräner Plausibilität geprägt. Mit dem Tempo zieht auch die Sogwirkung immer mehr an und die klare, treffsichere Sprache tut das Ihre zu einem hochklassigen Krimigenuss. Fazit: ein Meisterwerk des Genres als Abschiedsgeschenk einer der ganz Großen.

 

# Reginald Hill: Rache verjährt nicht (aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann); 684 Seiten; suhrkamp nova, Berlin; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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