RODOLFO ENRIQUE FOGWILL: „DIE UNTERIRDISCHE SCHLACHT"

Rodolfo Enrique Fogwill (1941-2010) hat den Falkland-Krieg von 1982 nicht selbst erlebt und doch entwickelte der Argentinier mit den britischen Vorfahren aus diesem absurden Feldzug der argentinischen Militär-Junta gegen die britischen Eigentümer der kleinen unbedeutenden Insel daraus einen der grandiosesten Antikriegsromane überhaupt.

Die unterirdische Schlacht" entstand bereits im Jahr des Krieges. Angeblich hat ihn der exzentrische Autor in sechs fiebrigen Tagen niedergeschrieben und ebenso angeblich hat das schmale aber ätzend scharfe Buch zum baldigen Sturz der Diktatur mit beigetragen. Dabei schreibt Fogwill mit emotionsloser Nüchternheit weder aus Sicht der weit überlegenen Engländer noch aus der der verheizten Argentinier, ja, er erwähnt nicht einmal die Kriegsgründe und sonstiges Drumherum.

Einzig das Erleben und das Leiden der „Pichis" steht im Mittelpunkt, diese nach einem nachtaktiven Tier ähnlich einer Mischung aus Gürteltier und Maulwurd benannten Soldaten haben sich dem bizarren Kampfgeschehen durch Untertauchen in Höhlen entzogen. Es sind zunächst die „vier heiligen Könige", die auf diesen Weise den sinnlosen Hurra-Befehlen ihrer inkompetenten Vorgesetzten zu entgehen versuchen. Zu ihnen gesellen sich 20 weitere blutjunge Soldaten, von den Engländern verachtet, von den eigenen Truppen als Deserteure verfolgt.

Eine regelrechte Geheimgesellschaft ziehen sie auf und überleben durch das skrupellose Kungeln mit dem Feind wie auch mit eigenen Kräften oder den Insel-Zivilisten. Ihr Tauschhandel macht auch vor kriegswichtigen Informationen für die Feinde gegen überlebenswichtige Waren nicht halt, während in der jämmerlichen unteririschen Behausung alles streng rationiert wird. Ehre, Soldatentum, Vaterland – die jungen Kerle wissen nicht, warum sie in diesem sinnlosen Krieg als Kanonfutter verheizt werden sollen.

Der nackte Überlebenswille schreit ebenso aus jedem Satz wie die Angst und das Leiden unter eisiger nasser Kälte und Dunkelheit. Hinzu kommt das alltägliche Grauen vor den Harrier-Jagdbombern und den noch schrecklicheren Hubschraubern. Und auf jedem Schritt lauern die Minen und die grausigen Bilder, wenn umherirrende Schafe von einer zerrissen werden, gehen in ihrer mitleidlosen Schilderung brachial unter die Haut.

Tote auf Abruf sind die Dahinvegetierenden und wenn es in diesem elenden kleinen Kosmos kein Happyend gibt, ist das so ziemlich die einzig realistische Option. Doch selbst die Art und Weise, wie die Pichis bis auf den Berichterstatter schließlich zugrunde gehen, ist ganz und gar adäquat zur Sinnlosigkeit des Krieges. Das bringt dieses kleine Buch in die Nähe großer Vorbilder wie „Im Westen nichts Neues" und „Die Nackten und die Toten". Fazit: kein argentinischer Roman sondern ein den deutschsprachigen Lesern viel zu lange vorenthaltener Antikriegsroman von universaler Gültigkeit.

 

# Rodolfo Enrique Fogwill: Die unterirdische Schlacht (aus den Spanischen von Dagmar Ploetz); 190 Seiten; Rowohlt Verlag, Reinbek;

€ 16,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 733 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de