PETER GOLDSWORTHY: „NACHT FÜR DREI HUNDE"

Eine wahrhaft ungewöhnliche Dreiecksgeschichte legt Peter Goldsworthy mit seinem jüngsten Roman „Nacht für drei Hunde" vor. Der australische Erfolgsautor, selbst Arzt von Beruf, lässt seinen Ich-Erzähler Martin Blackman nach Jahren als Psychiater in London in seine Heimatstadt Adelaide in Australien zurückkehren. Begleitet wird er von Ehefrau Lucy, einer schönen Ärztin der gleichen Fachrichtung.

Das glücklich verheiratete Paar trifft viele alte Bekannte und Freunde Martins, vor allem aber seinen ältesten und besten Freund aus Schul- und Studienzeiten Felix. Doch ausgerechnet der früher charmante Kumpel begegnet ihnen seltsam schroff bis unhöflich. Und es scheint ihm schlecht zu gehen, über Gründe weigert er sich aber zu sprechen. Bis Martin herausfindet, dass Felix todkrank ist. Zudem erfährt er, dass der als erfolgreicher Chirurg vor Jahren aus dem Krankenhausdienst ausgeschieden und zu den Ureinwohnern, den Aborigines, gezogen ist.

Felix wurde sogar gleichsam von einem Stamm adoptiert. Dann passierte ihm jedoch ein fatales Missgeschick, als ein Stammesmädchen durch sein Verschulden bei einer Operation starb. Nun, da Felix sein Ende kommen sieht, will er in die Wüste zu 'seinem' Stamm zurück, gewissermaßen um Buße zu tun. Zuvor aber stellt er eine verstörende Bitte an Martin Lucy: die soll ihm eine Nacht als Begleitung zu einer Geselligkeit gewähren. Trotz aller Zweifel überwiegt die Freundschaft Martins und auch bei Lucy drängt das Mitleid, denn es soll ja keine Liebesnacht werden.

Gleichwohl sind es quälende Stunden für den wartenden Martin, den trotz aller Professionalität als Psychiater die ganze Bandbreite der Emotionen martert. Und prompt geht die ohnehin schweren Herzens gewährte Freundschaftsbitte schief und Lucys Seitensprung mit dem selbst in seinem Siechtum noch charismatischen Felix ist nicht nur dem Mitleid geschuldet. Ja, sie begleitet ihn schließlich sogar auf seine letzte Reise zu den Aborigines in die Wüste. Dem hilflosen Martin bleibt nur noch, ihnen nachzureisen, um vielleicht doch noch seine Ehe zu retten.

Mag es bis hierher auch eine bizarre Dreierbeziehung gewesen sein, so geht es für alle Drei nun um das nackte Überleben im Sinne des Wortes. Zugleich offenbart sich der Originaltitel des Buches, denn „Three Dog Night" umschreibt die Zahl der Hunde, die man mindestens zum Wärmen benötigt, um die tödliche Kälte der Wüstennacht überstehen zu können. Das ist schwere Kost mit beklemmenden Passagen, jedoch großartig geschrieben. Die Gegensätze von Schuld und Sühne wie auch von Eifersucht angesichts des Egoismus eines Todgeweihten berühren, während andererseits die tiefen Einblicke in die Lebenswelt der australischen Ureinwohner mit ihrem Dualismus von Magie und Realismus sowie die so plastisch dargestellte wilde Schönheit der Natur für ein großes, anspruchsvolles Lesevergnügen sorgen.

 

 

# Peter Goldsworthy: Nacht für drei Hunde (aus dem Englischen von Susanne Costa); 351 Seiten; Deuticke im Zsolnay Verlag, Wien; € 21,50

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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