CHRISTOPH GEISSELHART: „THE WHO – MAXIMUM ROCK"

The Who waren neben den Beatles, Pink Floyd und Led Zeppelin die wohl kreativste und einflussreichste Band, die in den 60er Jahren aufbrach, um die Rockmusik zu revolutionieren. Sie setzten im Dezember 1965 mit „My Generation" die Hymne des Jugendaufbruchs in die Welt und 1969 eröffneten sie mit der ersten Rockoper „Tommy" neue Dimensionen in der Musikwelt.

Um so erstaunlicher, dass es ausgerechnet zu diesem Quartett – das mit den überlebenden Roger Daltrey und Pete Townshend im Übrigen noch heute als The Who auf die Bühnen geht! - wenig Biografisches gibt und schon gar nicht auf Deutsch. Entsprechend verdienstvoll ist die Band-Biographie von Christoph Geisselhart unter dem Titel „The Who - Maximum Rock. Die Geschichte der verrücktesten Rockband der Welt" und die hat so viel zu berichten, dass sie in zwei Bänden erscheint. Band 1 umfasst die Zeit von den ersten Anfängen als „Detours" und „High Numbers" bis zum meisterhaften Album „Who's Next" von 1971.

Als Einstieg beschreibt der Autor die Herkunft von Roger Daltrey, John Entwistle, Pete Townshend und Keith Moon, die zwar alle zwischen 1944 und 1946 in London geboren wurden, aber dennoch teils extrem unterschiedlich in Herkunft und Wesen waren, was in den ersten Jahren immer wieder zu intensivem Dauerstress bis hin zu Handgreiflichkeiten führte. Bei so viel zwischenmenschlichem Konfliktpotential und dann auch künstlerischen Differenzen erscheint es wahrlich als Wunder, welch rasante Karriere dieses Quartett dennoch gemacht hat. Rauf und runter ging es eingangs auch, nachdem Kit Lambert ebenso unerfahren wie einfallsreich das Management übernahm.

Zugleich hat wohl kaum eine andere Band einen solch katastrophalen Plattenvertrag heil und sogar erfolgreich überstanden. Allein diese Querelen, wie sie per Vertragsbruch aus Shel Talmys gierigen Fängen entkamen, aber erst einmal gleich mit der Debütsingle „I can't explain" einen Pop-Klassiker schufen, ist eine aufregende Geschichte für sich. Viel spannender erweist sich jedoch der Werdegang zur lautesten und verrücktesten Rockband, die ihren legendären Ruf vor allem mit Zerstörungsorgien begründete, wo jedes Konzert zur Schlacht ausartete – obwohl sie sich das ständige Zerschlagen von Gitarren, Schlagzeugsets und Mikrofonen wirtschaftlich gar nicht leisten konnten!

Der Autor hat intensiv recherchiert, viele Zeitzeugen interviewt und bietet in seinen äußerst präzisen Schilderungen auch zahlreiche aufschlussreiche Zitate der Bandmitglieder. So erfährt man zum Beispiel, dass der immer mehr zum genialen Songschreiber werdende Townshend „My Generation" mit gerade 20 aus „Rachsucht gegenüber dem Establishment" schrieb. Mag Geisselhart auch bekennender Who-Fan sein, so wird nirgends ein Hehl daraus gemacht, dass die vier exaltierten Musiker einerseits wie nur wenige andere Bands die Formel „Sex & Drugs & Rock 'n' Roll" auslebten, sie andererseits jedoch auch ihre Schwächen und Unsicherheiten hatten.

Nicht nur für unmittelbare Fans aber werden die Wege zu den einzelnen Alben und dann insbesondere zu ihrem genialsten Opus „Tommy" zu Fundgruben gut recherchierter Musikgeschichte. Dazu erfährt man Interessantes über dessen eigentliche Entstehungsgeschichte wie auch generell über das ungemein quirlige Umfeld im „Swinging London" der 60er Jahre. Band 1 enthält abschließend den Triumph der Who in Woodstock und endet mit dem brillanten Album „Who's Next. Da ist nun genügend Appetit geweckt für Band 2, der in Kürze erscheint und aufzeigt, wie The Who die Beatmusik der 60er Jahre endgültig in den Rock der 70er Jahren transformieren.

Fazit: eine der spannendsten Band-Biographien der Rockgeschichte, fast zu sehr angereichert mit Details und Anekdoten, und doch vor allem für die 'betroffenen' Generationen auch ein fesselndes Erinnerungsbuch.

 

# Christoph Geisselhart: The Who – Maximum Rock. Die Geschichte der verrücktsten Rockband der Welt; 528 Seiten, div. Abb.; Hanniball Verlag, Höfen; € 24,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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