VOLKER WEIDERMANN: „DAS BUCH DER VERBRANNTEN BÜCHER"

Zum 75. Mal jährte sich am 10. Mai der schändliche Tag, da in einer reichsweiten „Aktion wider den undeutschen Geist" in fast allen Universitätsstädten Bücher missliebiger Schriftsteller öffentlich verbrannt wurden. Besonders muss da noch aus der Gegenwart sauer aufstoßen, dass es neben SA-Leuten Studenten, Bibliothekare und viele Professoren aus dem vielgerühmten Land der Dichter und Denker waren, die sich so gegen Vernunft und Geist versündigten.

Volker Weidermann, Feuilleton-Chef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", hat zum Jahrestag eine wichtige Zusammenfassung all jener betroffenen Autoren herausgebracht und nennt sie treffend „Das Buch der verbrannten Bücher". Wenn er dann zunächst ausführt, wie es zu jenem Feiertag der speziellen Nazi-Art so kurz nach der Machtergreifung vom Januar 1933 kam, lässt schon dies schaudern: Es waren nicht einmal die Nazis selber, die das Fanal in Gang setzten sondern die sympathisierende „Deutsche Studentenschaft".

Wenn dann Propagandaminister Joseph Goebbels höchstpersönlich am Berliner Opernplatz mit perversem Pathos die einzelnen Autoren mit den Worten aufrief „Und wir übergeben den Flammen die Werke von...", dann passt das ins Bild. Viel erschreckender aber ist, dass es ausgerechnet ein junger Bibliothekar war, der die Liste mit 94 deutschsprachigen und 37 fremdsprachigen Schriftstellern konzipierte. Auf ihr fanden sich große Namen wie Heinrich Mann, Remarque, Kästner, Döblin oder Joseph Roth, doch nicht alle Betroffenen waren Juden und nicht von allen wurde das Gesamtwerk verbrannt.

Da gab es zum Beispiel einen Viktor Meyer-Eckhardt, dessen offizierskritischer Kriegsroman verboten wurde, ansonsten aber konnte er wohlgelitten bis 1945 noch elf Bücher veröffentlichen. Sogar skurril mutet der Fall der Johanna Bleschke an, die nur durch ihren fatal jüdisch klingenden Künstlernamen Rahel Sanzara in Ungnade fiel. Für das Gros der deutschsprachigen Autoren aber brachen mit der Bücherverbrennung schwere Zeiten an, die in Entbehrungen und in etlichen Fällen sogar in den Suizid führten. Viele der Überlebenden erholten sich nie wieder ganz von dem bitteren Schicksalsschlag und etliche gerieten gänzlich in Vergessenheit, darunter auch so manches Meisterwerk, wie Berichterstatter Weidermann bei seinen Recherchen feststellte.

Sämtliche deutschsprachigen Autoren stellt er mit kurzen Abrissen vor, während die fremdsprachigen summarisch erfasst sind. Fazit: das Buch bietet ein systematisches Kompendium des „zersetzenden Schrifttums" und seiner Schöpfer – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 

# Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher; 256 Seiten; Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln; € 18,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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